"Das entfernt uns voneinander" Juncker kann Erdogan nicht verstehen
13.04.2016, 11:53 Uhr
Erdogan hätte nicht so reagieren sollen, meint Juncker.
(Foto: dpa)
"Das bringt die Türkei nicht näher an uns heran, sondern entfernt uns voneinander", sagt EU-Kommissionspräsident Juncker und bezieht sich damit auf die Reaktion des türkischen Präsidenten Erdogan in der Böhmermann-Affäre.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat das Vorgehen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen Satire in Deutschland kritisiert. "Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, dass ein deutscher Botschafter wegen eines zugegebenermaßen unmöglichen satirischen Liedes einbestellt wird", sagte Juncker im Europaparlament. "Das bringt die Türkei nicht näher an uns heran, sondern entfernt uns voneinander."
Eine weichere Haltung der EU gegenüber der Türkei wegen des Abkommens zur Rückführung von Flüchtlingen schloss Juncker aus: "So sehr wir die Zusammenarbeit mit der Türkei für die Flüchtlinge schätzen, so unverändert ist unsere Haltung in anderen Fragen, wenn es etwa um Grundwerte wie denjenigen der Pressefreiheit geht."
Das Abkommen mit der Türkei sieht unter anderem eine Rücknahme von Flüchtlingen durch Ankara vor, die mit Hilfe von Schleusern nach Griechenland gelangt sind. Im Kampf gegen die Flüchtlingskrise sei die Zusammenarbeit mit der Türkei von allen Lösungen "die beste", sagte Juncker. An Europas Grundwerten ändere die Vereinbarung aber nichts.
Auch der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), verlangte, dass die türkische Regierung ungeachtet der Vereinbarungen in der Flüchtlingskrise die Meinungsfreiheit in Europa respektiere. "Wir erwarten von Erdogan Respekt gegenüber diesen Werten", sagte er in der Debatte.
Klageweg bis Karlsruhe möglich
Die türkische Regierung hatte sich im März über den deutschen Botschafter in der Türkei bei der Bundesregierung wegen eines Satire-Liedes über Erdogan in der Sendung "extra 3" im NDR beschwert. Mit rechtlichen Schritten will Ankara gegen den ZDF-Fernseh-Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung vorgehen.
Böhmermann hatte Erdogan vor knapp zwei Wochen in einem Gedicht, das er als "Schmähkritik" angekündigt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Die Bundesregierung prüft derzeit ein Ersuchen der türkischen Regierung, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Am Montag stellte Erdogan daneben auch persönlich Strafanzeige gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Dieser Rechtsweg kann unabhängig von der Entscheidung der Bundesregierung beschritten werden. Mit dem Fall ist die Staatsanwaltschaft Mainz befasst.
Erdogans deutscher Anwalt, Hubertus von Sprenger, ist bereit, mit seinem Mandanten alle Rechtsmittel gegen Böhmermann auszuschöpfen - bis zur letzten Instanz.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP