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Bildungstalk bei Lanz "KI ist längst im Klassenraum angekommen"

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Literatur verstehen mithilfe von KI - so wie hier in einer Karlsruher Schule kommen Tools wie ChatGPT bisher nur sporadisch zum Einsatz.

Literatur verstehen mithilfe von KI - so wie hier in einer Karlsruher Schule kommen Tools wie ChatGPT bisher nur sporadisch zum Einsatz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Künstliche Intelligenz ist inzwischen ein wichtiger Teil des Schulunterrichts geworden. Das liegt vor allem an Schülern, die sie völlig unverkrampft nutzen. In der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" diskutieren am Dienstagabend die Gäste darüber, wie KI sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann.

Um diesen Beitrag zu schreiben, wurde künstliche Intelligenz verwendet. Da ist die künstliche Intelligenz des Computers, der das Betriebssystem Windows gestartet hat. Da ist die KI im Textverarbeitungsprogramm Word, die Korrekturvorschläge bei falsch geschriebenen Wörtern macht. Da ist ein Programm, das dem Autor dieses Beitrages den gesprochenen Text der Talkshow "Markus Lanz" in geschriebenen Text übersetzt. Und da ist die KI ChatGPT, die einmal zur Recherche genutzt wurde und dazu diente, einen Teil des mit natürlicher Intelligenz entstandenen Beitrages zu verwerfen.

Künstliche Intelligenz ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie bringt kleine Haushaltsgeräte dazu, unsere Sprache zu verstehen, um uns pünktlich zu wecken oder das Licht im Badezimmer einzuschalten. Wie KI in der Schule eingesetzt werden kann, will ZDF-Talkmaster Markus Lanz am Dienstagabend in seiner Talkshow wissen.

Was künstliche Intelligenz bei der Erlangung von Wissen kann, erläutert Blogger Sascha Lobo am Beispiel des sozialen Netzwerks Tiktok. Das Netzwerk könne seinen Nutzern Informationsangebote zu Themen machen, obwohl die Nutzer nicht einmal wissen, dass sie die Themen interessieren. Das heißt: Man findet ein Angebot, ohne danach zu suchen. Serendipität nennt man das. Lobo: "Das ist sehr eindeutig eine Funktion einer Form von künstlicher Intelligenz, wo mit einer sehr radikalen Form von User-Erkennung gearbeitet wird, die viel besser funktioniert im Hintergrund, als die meisten Menschen es im Vordergrund glauben. Tiktok kann das besser als irgendein Algorithmus auf diesem Planeten. Tiktok lernt mich so gut kennen, dass es mir fantastischen Inhalt einspielt, aus meiner eigenen Perspektive."

So weit ist der Bildungsbereich in Deutschland noch lange nicht. Das hat Florian Fabricius festgestellt. Der "Anwalt der Schüler" war Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz und damit der oberste Schülervertreter Deutschlands. Was KI in der Schule angeht, spricht er von einer weit auseinander gehenden Schere: "Wenn ein Lehrer eine Frage stellt, wird die schnell bei ChatGPT eingegeben, und die Antwort wird vorgelesen. Das ist die Realität, die schon längst im Klassenraum angekommen ist."

Eigentlich müssten die Schüler den Lehrern etwas beibringen

Gleichzeitig spricht Fabricius von Lehrkräften, die meinen, künstliche Intelligenz werde die Gesellschaft verändern - in fünfzehn Jahren. Immer wieder werde gefordert, Kinder müssten mit KI umgehen, Fake News erkennen. Aber: "Wir haben gerade die Situation, dass die Lehrkräfte viel weniger wissen als wir. Wir müssten eigentlich den Lehrkräften beibringen, wie es geht." Für Fabricius stellt sich die Frage, wer in der Wissenskette über den 18-Jährigen stehe?

Auch wenn er mit seiner Analyse vielleicht ein wenig zu sehr verallgemeinert, spricht er dennoch ein Problem an: Die Unfähigkeit von Lehrkräften oder Verwaltung, sich der neuen Situation anzupassen, die der Einsatz von KI fordert. Das fängt bei der Unterrichtsvorbereitung an. Doch das ist lange nicht alles, kritisiert Schuldirektorin Silke Müller: "Wir haben eine charmante Ruinenverwaltung, die 200 Jahre alt ist. Das heißt: Das Schulsystem jetzt funktioniert nicht für die Ansprüche von heute und von morgen. Wir haben Lehrermangel, veraltete Lehrpläne, die heilige Kuh des Föderalismus, die infrage gestellt werden müsste, damit wir schlagkräftiger und schneller werden." Pädagogen müssten lernen, die Vorteile der künstlichen Intelligenz zu nutzen, bei der Unterrichtsvorbereitung und bei der Erlangung von Allgemeinwissen.

Florian Fabricius fordert außerdem: "Was wir machen müssen ist, Interesse zu wecken, damit ich ständig lerne und die Motivation dazu habe. Es bringt nichts mehr, in der Schule irgendetwas krampfhaft beizubringen, wenn man keinen Schüler der Welt mehr davon überzeugt, dass ich irgendwann Schiller brauche, um zu überleben."

Man kann es auch einfacher formulieren: In Zukunft wird es weniger darum gehen, Schülerinnen und Schülern Wissen einzupauken, sondern ihnen zu zeigen, was sie wissen müssen. Danach hilft künstliche Intelligenz, die endlich in der Schule ankommen müsse, verlangt Fabricius. KI müsse in die Mitte des Klassenzimmers gestellt werden, um deren Vorteile zu nutzen, sagt er. "Und da habe ich meine Zweifel, weil das Schulsystem, weil die Kultusbürokratie so langsam ist. Aber gleichzeitig ist es zum ersten Mal so, dass die Veränderung im Bildungssystem jetzt von unten kommt." Was er meint: Schüler nutzen künstliche Intelligenz, ohne auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz zu warten. "Wir warten nicht darauf, dass Tablets in die Schule kommen - wir machen es einfach. Und die da oben kommen in Zugzwang. Und wenn sie den nicht erfüllen, machen wir es trotzdem. Das ist die entscheidende Frage: Die Hierarchien werden aufgebrochen."

Quelle: ntv.de

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