"Stringente Flüchtlingspolitik" Kanzlerin bestreitet Kurswechsel
01.10.2016, 07:00 Uhr
Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert weiterhin die Solidarität der EU-Mitgliedsstaaten ein.
(Foto: dpa)
Wegen ihrer Flüchtlingspolitik muss Angela Merkel viel Kritik einstecken. Dass sie das verschärfte Asylrecht und die stringentere Abschiebepraxis mitträgt, werten viele als Kurswechsel. Doch die Kanzlerin widerspricht. Ihre Politik habe sie keineswegs geändert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre seit Sommer des vergangenen Jahres verfolgte Flüchtlingspolitik als stringent verteidigt. "Ich habe meine Politik nicht geändert, sondern Politik gemacht", sagte sie der "Sächsischen Zeitung". Ein Kurswechsel sei weder nötig, noch bereits vollzogen worden: "Ich sehe keinen Kurswechsel, sondern eine in sich schlüssige Arbeit seit vielen, vielen Monaten", so die Kanzlerin.
Merkel hatte sich kürzlich als Reaktion auf das schlechte Abschneiden der CDU bei mehreren Landtagswahlen selbstkritisch zu ihrer Politik geäußert. So sagte sie, sie wolle ihre Flüchtlingspolitik künftig besser erklären. Zudem räumte sie Versäumnisse und einen zeitweiligen Kontrollverlust in der Flüchtlingskrise ein. Besonders die CSU dringt aber auf einen Kurswechsel und fordert eine Obergrenze für die Aufnahme von Schutzsuchenden. Merkel hatte dies stets abgelehnt.
Der "Sächsischen Zeitung" sagte die Kanzlerin, man habe seit dem Sommer 2015 lernen müssen, dass es nötig sei, Europas Außengrenzen zu schützen, wenn man innerhalb Europas die Freizügigkeit wolle. Ebenso sei es nötig, sich viel mehr mit den Fluchtursachen zu beschäftigen, sagte Merkel. "Auch das mussten wir lernen."
Merkel fordert "legale Kontingente"
Nun gehe es darum, die Rückführung von Asylsuchenden voranzubringen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. "Das muss in der Praxis noch konsequenter umgesetzt werden", sagte Merkel. Zudem seien aufgrund einer humanitären Verantwortung für Menschen, die vor Krieg und Terrorismus geflohen sind, "legale Kontingente" nötig, um die Schutzsuchenden angemessen auf alle EU-Länder zu verteilen. Gegen diese Regelung sträuben sich derzeit vor allem die Visegrad-Staaten.
Zuletzt hatte Tschechien angekündigt, bis zum Jahresende keine weiteren Flüchtlinge mehr aus Griechenland und Italien übernehmen. Von insgesamt 2978 Schutzsuchenden, die laut EU-Verteilschlüssel auf Tschechien entfallen, sind bisher nur zwölf Personen angekommen. Und auch Ungarn sperrt sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Insgesamt wurden bislang von 160.000 Schutzsuchenden nur 5651 Flüchtlinge unter den EU-Staaten verteilt.
Quelle: ntv.de, jug/AFP