Erster Muslim an Londons Spitze Khan bereits als Bürgermeister vereidigt
07.05.2016, 14:57 Uhr
Khan während der Vereidigungszeremonie.
(Foto: AP)
Wenn etwas schnell geht in Großbritannien, dann die Vereidigung neu gewählter Volksvertreter. Einen Tag nach Verkündigung des Ergebnisses wird Sadiq Khan als Bürgermeister von London vereidigt - als erster Muslim.
Der Labour-Politiker Sadiq Khan ist zum ersten muslimischen Bürgermeister Londons vereidigt worden. In einer kurzen Zeremonie in der Southwark Cathedral bekräftigte er, er wolle "Bürgermeister für alle Londoner" sein. Der Sohn pakistanischer Einwanderer siegte mit 57 gegen 43 Prozent der Stimmen über seinen konservativen Rivalen Zac Goldsmith.
Bereits in der Nacht hatte Khan in seiner Dankesrede Bezug auf den mit harten Bandagen geführten Wahlkampf genommen, in dem die Konservativen ihm Sympathien für islamische Extremisten unterstellt hatten. "London hat für die Hoffnung und gegen die Furcht, für die Einheit und gegen die Spaltung gestimmt", sagte der 45-Jährige. Das mache ihn stolz. "Furcht macht uns nicht sicherer, sie macht uns nur schwächer", sagte er. Bei Khans Siegesrede waren auch die Kandidaten der anderen Parteien auf der Bühne. Der Kandidat der rechtsgerichteten Partei Britain First, Paul Golding, drehte Khan bei dessen Ansprache demonstrativ den Rücken zu.
Konkurrent ist Multimillionär
Khan hat eine klassische Aufsteigerbiographie: Geboren wurde er 1970 als Sohn eines aus Pakistan zugewanderten Busfahrers. Zusammen mit sieben Geschwistern wuchs Khan in einer Sozialwohnung auf. Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre als Rechtsanwalt für eine britische Menschenrechtsgruppe. 2005 zog er ins britische Unterhaus ein. Drei Jahre später wurde er Verkehrsminister - und war damit der erste Muslim in einer britischen Regierung.
Khan tritt nun die Nachfolge des populären Konservativen Boris Johnson an, dem Ambitionen auf das Amt des Premierministers nachgesagt werden. Khans Gegner im Wahlkampf war der Konservative Goldsmith: ein Multimillionär, der einer reichen Investorenfamilie entstammt. Dem Endergebnis zufolge erhielt Khan rund 1,31 Millionen Stimmen, auf Goldsmith entfielen rund 995.000 Stimmen.
Labour-Chef Corbyn gratulierte Khan bereits vor Bekanntgabe des Endergebnisses über Twitter. Glückwünsche kamen auch aus anderen Metropolen. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio hob hervor, dass sich Khan vor allem um bezahlbares Wohnen kümmern wolle. Er freue sich auf die Zusammenarbeit, erklärte de Blasio. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo erklärte, die Londoner würden von Khans "Humanität und Fortschrittlichkeit" profitieren.
Glückwünsche aus Pakistan
Nach der Wahl Khans feierten Politiker und Medien in Pakistan den Auswanderersohn. Der Sieg war das Hauptthema auf den Titelseiten der großen pakistanischen Zeitungen. In Onlinemedien und Sozialnetzwerken wurde Khan bejubelt. "Glückwünsche @SadiqKhan" zur Wahl des Bürgermeisters von London, schrieb der Oppositionsführer und Parteichef der Pakistanischen Volkspartei, Bilawal Bhutto, Sohn von Ex-Premierministerin Benazir Bhutto. Bhutto nannte Khan eine Leitfigur für "britische Pakistaner". Khans Eltern wanderten in den sechziger Jahren aus Pakistan nach Großbritannien ein. Familienangehörige leben heute noch in Karachi, Faizalabad und Islamabad.
Dazwischen tauchten aber auch ironische Kommentare auf. So schrieb die Zeitungskolumnistin Bina Shah mit Blick auf ihr tief konservatives Land: "Pakistaner: Sadiq Kahn hat gewonnen! Reporter: Würden Sie auch einen Einwanderersohn einer Minderheit und Sohn eines Busfahrers zum Bürgermeister von Karachi wählen? Pakistaner: Spinnst du?"
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP