AfD trifft Zentralrat der Muslime Kindergeburtstag mit Petry und Mazyek
23.05.2016, 15:59 Uhr
Petry mit AfD-Kollege Hampel bei Pressestatement nach dem gescheiterten Treffen mit dem Zentralrat der Muslime.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die rechtspopulistische AfD und der Zentralrat der Muslime wollen reden. Doch das Gespräch endet im Streit. Szenen eines sonderbaren Termins, der vor allem der AfD helfen dürfte.
Um kurz nach zwölf Uhr gibt es Tumult. Die große Tür im ersten Stock des Hotels Regent am Gendarmenmarkt öffnet sich kurz. Die Fotografen und Kameraleute stürmen hin, mit der Hoffnung auf ein gutes Bild. Aber dann fällt die Tür schon wieder ins Schloss. Das Warten geht weiter, auf den Beginn einer ungewöhnlichen Pressekonferenz, die hier stattfinden soll.

Freundliche Mienen zum Start des Gesprächs zwischen AfD und Zentralrat: Petry und Nurhan Soykan, die Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime (links).
(Foto: dpa)
An diesem Montag treffen sich zwei, die sich eigentlich nicht besonders nahestehen. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, sitzt mit AfD-Chefin Frauke Petry hinter der großen Tür zu einem Streitgespräch zusammen. Die Initiative für das Treffen ging vom Zentralrat aus. Die Rechtspopulisten und einer der wichtigsten islamischen Verbände in Deutschland, kann das gut gehen? Nein.
Weit kommt die Runde nicht. Das Gespräch beginnt schon mit Verspätung. Albrecht Glaser kommt fast eine Stunde zu spät. Das AfD-Vorstandsmitglied, das auch Bundespräsidentenkandidat seiner Partei ist, wird von Pressesprecher Christian Lüth in den Raum geleitet. Doch kurz später gibt es schon wieder eine Unterbrechung. Petry, Vorstandsmitglied Armin-Paul Hampel, Lüth und Glaser haben den Raum auf der anderen Seite verlassen. Ein langer Gang gibt Journalisten und Fotografen die Sicht auf die Szene frei. Die AfD-Leute stehen zusammen und beratschlagen. Der Anfang vom Ende?
"Das werden Sie gleich erfahren"
Ein Sprecher des Zentralrats taucht auf. Das Gespräch sei auf Wunsch der AfD unterbrochen worden, sagt er. Die Partei entscheide jetzt, ob es weitergehe oder nicht. Auf die Frage, wie die Stimmung sei, antwortet er "schlecht". Der Mann ist kaum weg, da stellt sich AfD-Sprecher Lüth vor die Journalisten. Er kündigt an, dass die AfD-Vorstandsmitglieder gleich "unten in der Lobby" ein Statement abgeben werden. Ein Raunen geht durch den Raum. Warum nicht hier, fragt ein Journalist. Sind die Gespräche abgebrochen worden, will ein anderer wissen. "Das werden Sie gleich erfahren", sagt Lüth nur.

Die AfD-Delegation berät sich kurz vor dem Ende des Gesrpächs mit dem Zentralrat der Muslime.
(Foto: picture alliance / dpa)
Unruhe bricht aus. Die Statements von AfD und Mazyek sollen gleichzeitig, aber auf verschiedenen Etagen stattfinden. Beide zu verfolgen, ist daher nicht möglich. Journalisten und Kameraleute müssen sich entscheiden. Die Mehrheit macht sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Viele fluchen. In der Lobby des Hotels, wo instrumentale Musik dudelt, drängeln sich die Pressevertreter. Dann spricht Petry. Sie erklärt, warum sie das Gespräch beendet hat. "Wir mussten uns vorwerfen lassen, eine Partei aus dem Dritten Reich zu sein." Der Vergleich sei nicht zurückgenommen worden, obwohl man darum gebeten habe. Mazyeck habe verlangt, "unser demokratisch beschlossenes Parteiprogramm zurückzunehmen. Das hat uns schockiert". Petry berichtet von einer Frage, die sie Mazyek gestellt habe: ob der Zentralrat es in einer Ehe zwischen einem Christen und einer Muslimin freistelle, die Kinder im Sinne des protestantischen oder katholischen Glaubens zu erziehen. Eine Antwort habe sie nicht erhalten. Zu konkreten Sachfragen sei man nicht gekommen. Über die unterschiedlichen Wertevorstellungen von Muslimen und Christen sei gar nicht gesprochen worden.
Währenddessen tritt Aiman Mazyek im ersten Stock vor die Mikrofone. "Ich stelle mit Bedauern fest, dass die AfD das Gespräch abgebrochen hat", sagt er. Die AfD habe klargemacht, "dass man den Weg des Populismus und der Diffamierung und auch vor allem der Vorurteile weitergehen will". Die AfD-Vertreter hätten sich geweigert, Passagen aus ihrem Parteiprogramm zu streichen, die sich gegen die Muslime richteten. Ihm geht es um den Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Die AfD verstoße gegen das Grundgesetz, wenn sie Muslimen den Bau von Moscheen oder das Schächten verbieten wolle.
"Mehr gibt es nicht zu sagen"
In der Lobby stichelt Petry kräftig. Dass man über die Medien eingeladen wurde, sei "die erste Merkwürdigkeit gewesen". Auch die Leitfrage des Zentralrats – "warum hassen Sie uns?" – sei provokant. "Wir hassen niemandem, wir lieben Deutschland und die demokratische Rechtsordnung. Wir wollen sie erhalten", sagt Petry. War es der AfD überhaupt ernst? Kurz vor dem Treffen hatte die Parteichefin am Wochenende erklärt, dass sie ein Problem mit dem Tragen von Kopftüchern habe. Trotz des Abbruchs dürfte der Partei das Gespräch nutzen. Sie kann immer darauf verweisen, es zumindest versucht zu haben. Zugleich erhält sie maximale Aufmerksamkeit für einen eigentlich unwichtigen Termin.
Ob der Dialog mit Muslimen nun beendet sei, fragt ein Journalist. Mazyek habe gesagt, sie könnten froh sein, dass sie eingeladen wurden. Petry schaut etwas verächtlich. "Wir sind eine demokratisch gewählte Partei und vertreten 15 Prozent der Bevölkerung." Es sei "arrogant", wenn der Zentralrat, der in Deutschland 10.000 der mehr als vier Millionen Muslime vertrete, solche Vorwürfe erhebe. Später sagt sie, der Islam als Ganzes gehöre nicht zu Deutschland, wohl aber die integrierten Muslime, die ihre Religion friedlich, privat und ohne Herrschaftsanspruch praktizieren.
Nach knapp 20 Minuten dreht Petry sich weg. "Wir haben alle Fragen beantwortet, mehr gibt es nicht zu sagen." Einige Journalisten rufen noch Fragen in den Raum, zum Beispiel zur Bundespräsidentenwahl in Österreich. Antworten gibt es nicht mehr. Zwei Kameramänner geraten im Gedränge aneinander. Einige Journalisten eilen in den ersten Stock, doch Mazyeks Statement ist bereits beendet. "So ein Kindergeburtstag", schimpft ein Reporter. Eine Journalistin ärgert sich: "Das ist so peinlich hier, wir heben die AfD doch nur hoch." Petry und ihre Begleiter ziehen sich auf die Terrasse auf eine Tasse Kaffee zurück. Sicherheitsleute sperren den Fotografen den Weg ab. Alles ist gesagt? Offenbar nicht. Kaum hat die AfD-Chefin draußen Platz genommen, verschickt Petry zwei Nachrichten über Twitter. In der einen steht: "Mazyek verwehrt sich der sachlichen Debatte."
Quelle: ntv.de