Maßnahmen gegen Steuerflucht Kriminalbeamte zerpflücken Schäubles Pläne
11.04.2016, 17:49 Uhr
Schäuble will schwarze Listen über Steueroasen zusammenführen.
(Foto: imago/Christian Thiel)
"Nebelkerze", "heiße Luft", "ein Witz" - die Reaktionen auf Schäubles Zehn-Punkte-Programm zur Bekämpfung von Steuerflucht sind äußerst kritisch. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter lässt an dem Plan kein gutes Haar. Es gibt aber auch Zustimmung.
Der von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgelegte Zehn-Punkte-Plan gegen Briefkastenfirmen und Geldwäsche taugt nach Einschätzung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (bdk) nicht zur Austrocknung von Steueroasen. "Das ist eine Nebelkerze", sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft, Sebastian Fiedler. Wichtige von Experten diskutierte Vorschläge wie öffentliche Firmenregister fehlten. Außerdem fehle ein Unternehmensstrafrecht, um nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch Firmen sanktionieren zu können.
CDU-Politiker Schäuble hatte seinen Aktionsplan am Vortag vorgestellt. Er will etwa den internationalen Informationsaustausch ausweiten und national und international bestehende "schwarze Listen" über Steuerparadiese zusammenführen. Es ist eine Reaktion auf die Veröffentlichung der "Panama Papers" über Hunderttausende Firmen in Steueroasen durch ein internationales Recherche-Netzwerk. Fiedlers Fazit zu den Plänen: Statt auf die seit langem von Experten diskutierten Vorschläge einzugehen, werde von Schäuble "blumig" umschrieben, was er tun wolle: "Klar wird aber auch, was er nicht tun will."
"Schäubles Aktionsplan enthält fast nur heiße Luft", erklärte auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac. "Offensichtlich scheut sich die Regierung, mit den Mächtigen und Reichen in einen ernsten Konflikt zu gehen", erklärte Attac-Steuerexperte Karl-Martin Hentschel in Frankfurt am Main. Ähnlich äußerte sich auch das Netzwerk "Tax Justice".
"Das ist ein Witz"
Schäuble spricht sich in seinem Plan zwar für international vernetzte Firmenregister aus, in denen die wahren Eigentümer von Unternehmen genannt werden. Fiedler bemängelte allerdings, dass er diese Daten nur für Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten einsehbar machen will, wenn diese wiederum ihre Rechercheergebnisse mit den Behörden teilen. "Das ist ein Witz, wenn das die Bedingung sein soll", sagte Fiedler. Er kritisierte außerdem, dass in Schäubles Plan der Vorschlag fehle, dass außereuropäische Unternehmen in der EU nur noch Geschäfte machen dürfen sollen, wenn sie offenlegen, welche wirtschaftlich Berechtigten hinter ihnen stehen. "Das wäre das wirksamste Instrument gegen Geldwäsche", sagte Fiedler.
Die Grünen kritisierten das Vorgehen der Bundesregierung gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche als halbherzig. Der Aktionsplan Schäubles "ist richtig, allein, er kommt natürlich viel zu spät", sagte Parteichefin Simone Peter dem BR. Auch müsse mehr passieren als die von Schäuble vorgeschlagenen Maßnahmen. Peter warf auch der Bundesregierung vor, "seit Jahren Transparenz in Europa verhindert" zu haben.
Die CDU-Finanzexpertin Antje Tillmann wertete den Vorstoß Schäubles derweil als eine "gute Grundlage" für internationale Gespräche. Auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) unterstützt die Pläne. "Dem kann man nur beipflichten", sagte der bisherige Verbandspräsident Jürgen Fitschen in Berlin. "Er tut nicht nur den Finanzbehörden damit etwas Gutes, sondern auch den Banken." Für diese sei es "eine unangenehme Situation, immer in Verbindung mit diesen Themen in ein Licht gerückt zu werden, in dem wir nicht gesehen werden wollen." Er sei sich sicher, dass Meldepflichten auch dazu führten, dass es weniger Anlass zu Zweifel gebe, sagte Fitschen.
Thema für die G20
"Es darf sich nicht mehr lohnen, eine Heimat für Schwarzgeld zu bieten", heißt es in dem Zehn-Punkte-Plan des Ministers mit dem Titel "Steuerbetrug, trickreiche Steuervermeidung und Geldwäsche konsequent bekämpfen". In seinem Plan schlägt Schäuble auch "schärfere Verwaltungsvorschriften für Unternehmen" vor. Fiedler sagte, dies sei aber nicht gleichbedeutend mit einem seit langem geforderten Unternehmensstrafrecht, mit dem zum Beispiel eine Bank selbst - und nicht nur ihre Angestellten - strafrechtlich verfolgt werden könnten.
Auch sollen schwarze Listen mit Staaten, die nicht kooperieren und keine Kontodaten offenlegen, international vereinheitlicht werden. Panama wird aufgefordert, rasch beim automatischen Informationsaustausch mitzumachen: "Wenn Panama nicht rasch kooperiert, werden wir dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten." Ein generelles Verbot von Briefkastenfirmen lehnt Schäuble ab.
Die SPD forderte drastische Strafen für Banken, die im großen Stil bei Geldwäsche und Steuerbetrug mithelfen. "Verstöße müssen richtig wehtun", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Notfalls müsse Geldhäusern, die anonyme Briefkastengeschäfte in Steueroasen ermöglichten, die Banklizenz entzogen werden. Notwendig seien auch eine zivilrechtliche Haftung sowie hohe Geldbußen. Schäuble müsse seinen Worten Taten folgen lassen, wenn Deutschland Ende des Jahres den G20-Vorsitz der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer übernehme.
Die Bundesregierung sucht im Rahmen der G20 Unterstützung für ihre Vorschläge zur Bekämpfung von Briefkastenfirmen. Schäubles Zehn-Punkte-Papier ziele zum einen als deutsche Initiative auf die hiesige Situation ab, sagte ein Ministeriumssprecher. Was die internationalen Aspekte angehe, suche die Bundesregierung eine gemeinsame europäische Position. Die solle dann am Rande der Frühjahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Debatte gestellt werden. Vor allem aber wolle Deutschland die Vorschläge in die Beratungen der G20 einspeisen.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa/rts