"Wo kommen wir denn da hin?" Lindner lehnt Vorfestlegung auf Union ab
19.09.2021, 16:53 Uhr
Christian Lindner findet, die Linke dürfe keine Macht bekommen.
(Foto: dpa)
FDP-Chef Lindner hält sich und seiner Partei eine Woche vor der Bundestagswahl alles offen: Von der Union, der er Opportunismus vorwirft, wolle er "keine Anweisungen entgegennehmen". Für mögliche Koalitionsverhandlungen formuliert ein Parteitag nun feste Leitplanken.
Mit einer Kampfansage auch an die als Koalitionspartner bevorzugte CDU/CSU ist die FDP auf die Zielgerade des Bundestagswahlkampfes gegangen. "Ausgerechnet die Union verlangt jetzt von uns, wir sollten irgendetwas ausschließen", sagte Parteichef Christian Lindner beim außerordentlichen FDP-Parteitag in Berlin. "Nachdem die Union ja seit Jahr und Tag ihr eigenes politisches Koordinatensystem regelmäßig opportunistisch nach links und grün ausgerichtet hat", ergänzte er. "Von dieser Union nehmen wir keine Anweisungen entgegen. Wo kommen wir denn da hin?"
Parteichef Lindner geht damit ohne klare Koalitionsaussage in die letzte Woche vor der Wahl. Er warf derweil aber SPD und Grünen vor, sich die Option Linkspartei als Koalitionspartner offenzuhalten. Die Linke aber "darf keine Macht in, darf keine Macht über diesen Staat haben". Die Union wiederum fahre keinen klaren Kurs, zeige Schwäche und wirke so, dass sie mit sich selbst nicht im Reinen sei. Man befinde sich derzeit in einer paradoxen Situation, sagte Lindner genau eine Woche vor der Wahl. "Die SPD ist stark, weil sie zeigt, wie sie in Wahrheit gar nicht ist. Und die CDU ist schwach, weil sie nach der Ära Merkel zeigt, wie sie wirklich ist." Die besondere Verantwortung der FDP bestehe nun darin, "Garant für die Mitte in unserem Land zu sein".
Lindner rief dazu auf, in den kommenden Tagen dafür zu kämpfen, den Abstand zu den Grünen noch zu verkürzen, um dann Einfluss auf die Koalitionsbildung nehmen zu können. Die FDP wolle nicht aus taktischen Gründen, sondern für ihre Überzeugungen gewählt werden, betonte er. "Freiheit vor Bürokratismus, Erwirtschaften vor Verteilen, Erfinden vor Verbieten - wer das so sieht wie wir, der sollte mit allen Stimmen für die Freiheit wählen", sagte Lindner unter dem Jubel der Delegierten.
Delegierte verabschieden Wahlaufruf
Lindner bekräftigte seine Haltung, für den Schutz des Weltklimas müsse ganz auf moderne Technologien gesetzt werden. Einer Politik, die Verbote und Verzicht durchsetzen wolle, erteilte er eine Absage. Lindner kritisierte scharf Pläne der Grünen und nannte Lastenfahrräder als Beispiel. "Klimaschutz by Bullerbü wird aber niemals ein Exportschlager für die Welt sein", sagte Lindner, der sich damit auf das dörfliche Idyll in den Kinderbüchern Astrid Lindgrens bezog. "German engineered Klimaschutz hingegen kann bei uns Jobs schaffen und woanders die Erderwärmung bekämpfen."
Deutschland müsse nicht Moralweltmeister sein, wenn andere folgen sollten, sondern Technologieweltmeister, forderte Lindner. Er präsentierte den Wahlaufruf der Liberalen, der schon Ziele und Kurs in erwarteten Verhandlungen über eine Beteiligung an einer angestrebten Regierungskoalition bestimmt. Die 520 Delegierten verabschiedeten das Papier. Es legt das Festhalten an der Schuldenbremse und eine Absage an Steuererhöhungen als Vorbedingungen für den Eintritt in ein Bündnis fest.
Quelle: ntv.de, jog/dpa