Noch mehr Zeit notwendig Merkel dämpft Erwartungen an Asyl-Gipfel
26.06.2018, 14:32 Uhr
Bundeskanzlerin Merkel und ihr Gast, der neue spanische Regierungschef Sanchez, schlagen in Berlin versöhnliche Töne an. Im Streit um die Aufnahme von Asylsuchenden soll eine gemeinsame europäische Lösung her. Doch die brauche Zeit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet beim EU-Gipfel in Brüssel nicht mit einer kompletten Vereinbarung zu einem gemeinsamen europäischen Asylpaket. Zwei von sieben Richtlinien seien noch offen, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem neuen spanischen Regierungschef Pedro Sanchez in Berlin. Dazu gehörten die Asylverfahrensrichtlinie und eine neue Dublin-IV-Verordnung. "Da wird noch ein wenig Zeit notwendig sein."
Deshalb plädierte Merkel erneut für bilaterale Abkommen einzelner EU-Staaten mit Herkunfts- und Transitländern. Dabei sollten einzelne Staaten auch im Namen der gesamten EU verhandeln können. Sanchez sicherte Merkel seine Unterstützung auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag zu. "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Antwort auf die Migration."
Sanchez forderte, um das Problem der nach Europa strebenden Flüchtlinge zu lösen, müsse die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Migranten, wie etwa Marokko, Senegal und Libyen, ausgebaut werden. Beide Regierungschefs bekannten sich zu einem weiteren Zusammenwachsen der Union.
Merkel hatte im Asylstreit mit der CSU europäische oder bilaterale Vereinbarungen über die Rücknahme von Asylsuchenden angekündigt. Falls die Kanzlerin auf europäischer Ebene keine Ergebnisse erzielt, will der CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer vom 1. Juli an im nationalen Alleingang solche Flüchtlinge an der Grenze abweisen lassen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind.
Frontex soll verstärkt werden
Das Auswärtige Amt rechnet ebenfalls nicht damit, dass es beim EU-Gipfel einen großen Durchbruch im Asylstreit geben wird. "Wer (...) glaubt, dass man innerhalb von wenigen Tagen Idealzustände in der Europäischen Union erreichen kann, der vergisst, wie kompliziert und anspruchsvoll die europäischen Entscheidungsprozesse oftmals sind", sagte Europastaatsminister Michael Roth am Rande eines Gipfelvorbereitungstreffens in Brüssel.
Relativ optimistisch sei er allerdings, wenn es um Pläne für die Stärkung des Außengrenzschutzes gehe. Demnach könnte zum Beispiel die europäische Grenzschutzagentur Frontex zusätzliches Personal bekommen. In der europäischen Auseinandersetzung geht es vor allem um die Frage, wie vom Flüchtlingszustrom besonders stark betroffene Staaten wie Italien oder Griechenland entlastet werden können. Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sind eigentlich dafür, ein Konzept zu beschließen, das eine Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht. Staaten wie Polen, Ungarn und Tschechien lehnen aber jegliche Art von Zwang bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.
Roth forderte dazu auf, die bereits erzielten Fortschritte nicht zu vergessen. "Ich bin immer wieder sehr verwundert darüber, dass bestimmte Kreise den Eindruck zu erwecken versuchen, als seien wir in Europa noch nicht vorangekommen", sagte er mit Blick auf den Schutz der Außengrenzen. Der SPD-Politiker bedauerte sehr, dass es bei dem Streit zwischen CSU und CDU offenkundig nicht so sehr um die Sache, als um andere Faktoren gehe.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts