Politik

Treffen mit Macron in Berlin Merkel zu Reform von EU-Verträgen bereit

Sein erster Auslandsbesuch führte Frankreichs Präsidenten Macron nach Berlin zu Kanzlerin Merkel.

Sein erster Auslandsbesuch führte Frankreichs Präsidenten Macron nach Berlin zu Kanzlerin Merkel.

(Foto: REUTERS)

Sie geben sich alle Mühe, Zuversicht auszustrahlen: Kanzlerin Merkel empfängt in Berlin Frankreichs Präsidenten Macron. Sie kündigen einen Fahrplan für gemeinsame Projekte in der EU an. Wenn nötig, sollen dafür EU-Verträge reformiert werden.

Kanzlerin Angela Merkel und der neue französische Präsident Emmanuel Macron wollen die Modernisierung der Europäischen Union vorantreiben und sind dabei auch offen für die Änderung bestehender Verträge. Merkel und Macron kündigten in Berlin einen gemeinsamen Fahrplan ("Road Map") für Reformen in der EU und der Eurozone an.

"Wir können dem Ganzen eine neue Dynamik geben", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz beim Antrittsbesuch Macrons in Berlin. Dazu müsse man auch bereit sein, Verträge zu ändern. "Wenn wir sagen können, warum, wozu, was die Sinnhaftigkeit ist, wird Deutschland jedenfalls dazu bereit sein", sagte Merkel. "Die ganze Welt ändert sich", fügte sie hinzu. Auch Macron betonte: "Für uns gibt es hier keinerlei Tabu."

Der 39-jährige Macron hatte im Wahlkampf eine klar pro-europäische Linie gegen die rechtspopulistische EU-Gegnerin Marine Le Pen vertreten und strebt eine enge Partnerschaft mit Deutschland an. Unmittelbar vor seinem Kurzbesuch in Berlin ernannte er den Konservativen Edouard Philippe zum neuen Premierminister. Philippe war bislang Abgeordneter und Bürgermeister der Hafenstadt Le Havre und gehört zum moderaten Flügel der konservativen Republikaner.

In Berlin kündigte Macron "tiefgreifende Reformen" in seinem Land an. Frankreich sei es in den vergangenen 30 Jahren nicht gelungen, das Problem der Massenarbeitslosigkeit zu lösen. "Die Regierung wird sich diesem Ziel verschreiben", versprach Macron, der an diesem Dienstag die Minister seines Kabinetts benennen will.

"Akt der Neugründung Europas"

Ebenso wie Merkel forderte er den Abbau bürokratischer Hemmnisse in der EU. Er skizzierte einen "Akt der Neugründung Europas und der Eurozone" in engster Abstimmung mit Berlin. Eine Vergemeinschaftung alter Schulden in der Eurozone lehnte der neue Präsident ab. "Das führt zu einer Politik der Verantwortungslosigkeit", sagte er. "Ich habe nie Eurobonds gefordert." Macron plädierte in Berlin allerdings für eine neue Investitionsoffensive in der Eurozone. "Wir müssen frisches Geld einbringen", forderte er.

Der französische Staatschef erklärte, Deutschland und Frankreich seien an einem "historischen Moment" angekommen. Angesichts des Vormarschs der Populisten in Europa müssten beide Länder noch stärker zusammenarbeiten. "Unser Verhältnis braucht noch mehr Vertrauen und konkrete Ergebnisse." Er versprach Merkel: "Ich werde ein offener, direkter und konstruktiver Partner sein."

Merkel sagte dem neuen Präsidenten ihre Unterstützung zu. "Ich glaube, dass die Zusammenarbeit davon geprägt sein sollte, dass der Präsident Emmanuel Macron von seiner Seite uns Deutschen sagt, was er erwartet", sagte die Kanzlerin. "Die Interessen Deutschlands sind aufs Engste verbunden mit den Interessen Frankreichs: Deutschland wird es auf Dauer nur gutgehen, wenn es Europa gutgeht, und Europa wird es nur gutgehen, wenn es ein starkes Frankreich gibt."

Händedruck, keine Küsschen

Merkel und Macron kündigten ein Treffen der wichtigsten Ministerien unmittelbar nach den französischen Parlamentswahlen im Juni an. Dabei sollten bilaterale Projekte vorgestellt werden, "die unserer Zusammenarbeit einen neuen Push geben können", sagte Merkel.

Zuvor war Macron vor dem Kanzleramt mit militärischen Ehren empfangen worden. Merkel begrüßte den Gast aus Paris mit einem herzlichen Händedruck, Küsschen wurden nicht ausgetauscht.

Macron will das traditionelle Rechts-Links-Schema in Frankreich durchbrechen und strebt eine Regierung mit Vertretern verschiedener politischer Lager an. Im Rennen um den Präsidentenposten waren Sozialisten und bürgerliche Rechte schon im ersten Wahlgang ausgeschieden. Macron hatte am Sonntag die Macht als jüngster Präsident aller Zeiten übernommen.

Der Präsident muss bei der Wahl zur Nationalversammlung am 11. und 18. Juni eine Mehrheit erringen, um seine Reformagenda umsetzen zu können. Gelingt dies nicht, würde das Macrons Handlungsspielraum stark einschränken. Seine Bewegung "En Marche!" ist bislang nicht in der Nationalversammlung vertreten.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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