Klimagipfel ohne "Klimakanzlerin" Merkels Vertreterin bleibt nur der Katzentisch
23.09.2014, 08:56 Uhr
Die "Klimakanzlerin" und ihre Umweltministerin während einer Plenarsitzung in Berlin.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein UN-Klimagipfel soll Schwung in die internationalen Klimaverhandlungen bringen. Generalsekretär Ban lädt rund 120 Staats- und Regierungschefs nach New York. Bundeskanzlerin Merkel sagt ab, schickt Umweltministerin Hendricks - und erzürnt Ban.
Unter dem Eindruck der Massendemonstrationen für den Klimaschutz beginnt heute Abend in New York der Umweltgipfel der Vereinten Nationen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte rund 120 Staats- und Regierungschefs für den Tag vor Beginn der Generaldebatte der Vollversammlung in das UN-Gebäude geladen, um dem stockenden Prozess wieder Schub zu geben.
Für die deutsche Öffentlichkeit geht es vor dem Gipfel nur um ein Thema: Die Bundeskanzlerin ist nicht dabei. Angela Merkel, die in Berlin auch gerne als "Klimakanzlerin" bezeichnet wird, besucht stattdessen den "Tag der Industrie" in der deutschen Hauptstadt. Ein hoher UN-Diplomat sieht Deutschland deshalb bereits seine Schrittmacher-Rolle in der Klimapolitik einbüßen. Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber, der Merkel berät, hat hingegen Verständnis für die Entscheidung der Kanzlerin. "Mehr als positive Stimmungsimpulse für die Klimaverhandlungen werden in New York kaum gelingen", dämpfte er die Erwartungen.
Für die Grünen ist das Fernbleiben der Kanzlerin auf dem Klimagipfel eine "Blamage für die deutsche Politik". Das sagte Grünen-Chefin Simone Peter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Merkel rede zwar gern davon, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen müsse in der Welt. Mit ihrer "Politik des leeren Stuhls" gebe die Kanzlerin diesen Anspruch jedoch ausgerechnet bei der dringendsten globalen Herausforderung auf.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die Merkel in New York vertritt, verteidigte hingegen die Entscheidung der CDU-Chefin, nicht nach New York zu reisen. Die Bundesregierung sei durch sie selbst und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) "bestens vertreten", sagte Hendricks der "Frankfurter Rundschau". Merkel bleibe weiter die "Klimakanzlerin".
Hendricks bleibt der Katzentisch
Hendricks muss sich als Merkels Vertreterin allerdings mit einer Art "Katzentisch"-Rolle begnügen. Am Abendessen der geladenen 120 Staats- und Regierungschefs werde sie nicht teilnehmen, sagte ein Ressortsprecher in Berlin. Aber bei der eigentlichen Konferenz dürfe sie dabei sein. Eine Regierungssprecherin betonte, der Klimaschutz genieße weiter einen hohen Stellenwert und werde ein Schwerpunkt der deutschen G7-Präsidentschaft.
Peter sagte indes: "Die Verärgerung Ban Ki-Moons über Merkels Absage ist verständlich. Es ist ein Eklat, dass die Präsidenten Chinas und der USA an dem Treffen der Staats- und Regierungschefs teilnehmen, Deutschlands Stuhl aber leer bleibt." Damit stelle die Kanzlerin Deutschland ins klimapolitische Abseits in einer Zeit, in der Führungsstärke dringender wäre denn je. Klimaschutz sei nicht mehr "Chefinnen-Sache". Merkel müsse ihre Terminplanung revidieren.
Ziel des Treffens ist eine Einigung auf dem Klimagipfel in Paris Ende nächsten Jahres. Dabei sollen Maßnahmen getroffen werden, um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Einige Kritiker fürchten, dass es dafür schon zu spät ist. Letztlich wird es in New York vor allem darum gehen, dass die Staaten sich bis zum nächsten Jahr auf konkrete Minderungsziele erklären. Denn wenn nicht spätestens von 2020 an der Treibhausgasausstoß merklich sinkt, dürfte das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr zu schaffen sein.
Es wird auch über Geld gesprochen. Auf der Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 war die Gründung des Green Climate Fund vereinbart worden. Der UN-Klimafonds will von 2020 an jedes Jahr 100 Milliarden Dollar (78 Milliarden Euro) an staatlichen und privaten Geldern mobilisieren, um damit klimarelevante Projekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Obwohl die Finanzierung des Fonds längst begonnen hat, ist aber bislang nur ein Bruchteil zusammengekommen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP