Vor dem Parteitag in Essen Chrupalla wehrt sich nicht gegen Generalsekretär
28.06.2024, 13:58 Uhr Artikel anhören
Sollte es künftig nur noch einen Parteivorsitzenden geben, wäre dies mit großer Wahrscheinlichkeit nicht Tino Chrupalla.
(Foto: dpa)
Beim Parteitag in Essen soll die AfD ein neues Amt bekommen: einen Generalsekretär, der künftig für eine Professionalisierung der Partei sorgen soll. Das Vorhaben richtet sich gegen AfD-Chef Chrupalla - soll aber erst ab 2025 gelten.
Einen Tag vor Beginn des AfD-Parteitags in Essen hat sich Parteichef Tino Chrupalla offen für eine neue Struktur in der Parteispitze gezeigt. Auf die Frage, wie er zur Einführung eines Generalsekretärs in seiner Partei stehe, sagte Chrupalla im ZDF: "Das sehe ich nicht skeptisch. Das ist ein Vorschlag, den ich vor zwei Jahren (...) auch schon mal gegeben habe."
Auf dem Parteitag an diesem Wochenende soll über einen Antrag abgestimmt werden, der einen Generalsekretär für den Fall vorsieht, dass es in Zukunft nur noch einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende geben sollte. Bislang führt Chrupalla die AfD in einer Doppelspitze mit Alice Weidel. Das Chefduo stellt sich in Essen auch zur Wiederwahl. Allerdings lässt die Satzung schon jetzt zu, dass es nur einen Vorsitzenden gibt - oder eine Vorsitzende, denn in einem solchen Fall werden Weidel bessere Chancen eingeräumt als Chrupalla.
Dass die Einzelspitze bei diesem Parteitag schon beschlossen wird, gilt zwar als unwahrscheinlich, ist aber nicht ausgeschlossen. Beim chaotischen Parteitag in Riesa vor zwei Jahren hatte Chrupalla bei seiner Wiederwahl nur gut 53 Prozent der Delegiertenstimmen bekommen; seine Kollegin Alice Weidel kam auf 67 Prozent. Seither ist die Stimmung in der AfD nicht besser geworden. Der im Vergleich zu 2019 zwar erfolgreiche, aber trotzdem verkorkste Europawahlkampf wird vor allem Chrupalla angelastet.
"Das würde ich auch unterstützen"
Chrupalla sagte im ZDF, es gehöre zur Professionalisierung einer Partei dazu, auch über Veränderungen in den kommenden zwei oder drei Jahren zu reden. "Ich denke, das ist legitim und das würde ich auch unterstützen." Gegen eine Umstellung auf eine Einzelspitze habe er nichts. "Nein, da bin ich nicht dagegen", entgegnete er. Auf dem Parteitag werde außerdem natürlich auch diskutiert werden, ob der Generalsekretär auch zwei Vorsitzenden zur Seite gestellt werden könnte. Im Übrigen gelte der Antrag erst für die kommenden Jahre und noch nicht für die Wahlen auf diesem Parteitag. Tatsächlich soll die Satzungsänderung erst 2025 in Kraft treten.
Weidel hatte bereits am Donnerstag im Frühstart von ntv erklärt, sie unterstütze den Antrag, der die Schaffung eines Generalsekretärs vorsieht. Sie betonte ebenfalls, dass dieser Antrag "diese Wahl am Wochenende überhaupt gar nicht" berühre. "Ich persönlich halte diesen Antrag für sehr sinnvoll", er sei ein Beitrag "zur Professionalisierung der Partei". Für diesen Parteitag gelte jedoch, "dass ich gerne zusammen mit Tino Chrupalla in der Doppelspitze weitermachen möchte".
Angriff auf Chrupalla nur aufgeschoben
Nach einem Bericht des "Stern" steht hinter dem Antrag das Netzwerk um den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier. "Der Angriff auf Weidels Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla, den viele Netzwerker noch nie für vorzeigbar hielten, wird wohl aufgeschoben", heißt es im "Stern". Der Grund: die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, die im September anstehen. Langfristig will das Münzenmaier-Netzwerk die AfD aber nach dem Vorbild des französischen Rassemblement National von Marine Le Pen umgestalten. Dann würde Weidel die AfD nach außen repräsentieren, während jemand wie Münzenmaier das operative Geschäft führt – ähnlich der Arbeitsteilung von Le Pen und ihrem jungen Parteichef Jordan Bardella, der jetzt französischer Ministerpräsident werden will.
Rund 600 AfD-Delegierte werden am Samstag und Sonntag in Essen erwartet. Bundesweit haben Gruppen unter dem Motto "AfD-Parteitag verhindern" zu Protesten und Blockaden aufgerufen. "Es wird ein großes Polizeiaufgebot geben", sagte der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU im Deutschlandfunk. Bei mehr als einem Dutzend Kundgebungen würden 80.000 Menschen erwartet. "Da kommt einiges auf uns zu, aber ich sehe uns gut vorbereitet."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP