Politik

"Ende einer Ära" in Afghanistan Nato schließt Kampfmission ab

Der längste und verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Nato geht zu Ende. Die internationalen Truppen in Afghanistan sollen nun nicht mehr kämpfen, sondern nur noch ausbilden und beraten. Doch ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.

US-General John Campbell rollt die Isaf-Flagge ein.

US-General John Campbell rollt die Isaf-Flagge ein.

(Foto: REUTERS)

Mit einer feierlichen Zeremonie hat die Nato nach 13 Jahren ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet. "Der heutige Tag markiert das Ende einer Ära - und den Beginn einer neuen", sagte der Kommandeur der internationalen Truppen in Afghanistan, US-General John Campbell, bei einer Übergabezeremonie in Kabul. Die bisherige Kampfmission Isaf wird durch den neuen Ausbildungseinsatz "Resolute Support" (Entschlossene Unterstützung) ersetzt. Über dem Hauptquartier weht nun die neue Flagge. Rechtlich gesehen erfolgt der Übergang zur neuen Mission aber erst zum Jahreswechsel.

Die Nato war in den vergangenen 13 Jahren zeitweise mit 140.000 Soldaten in Afghanistan, unter ihnen mehr als 5000 Deutsche. 55 deutsche Soldaten ließen dort ihr Leben. Insgesamt wurden rund 3500 Isaf-Soldaten in den Kämpfen mit den radikalislamischen Taliban und bei Anschlägen getötet.

Für die neue Mission zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte sollen 12.000 Soldaten im Land bleiben, unter ihnen 850 Bundeswehrangehörige. Obwohl sie keinen Kampfauftrag mehr haben, bleibt es gefährlich. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in diesem Jahr verschlechtert. In den ersten elf Monaten zählten die Vereinten Nationen alleine 3188 getöteten Zivilisten - mehr als je zuvor. "Es gibt kein zurück zu den dunklen Tagen der Vergangenheit", sagte General Campbell dennoch.

Für die afghanische Regierung bedankte sich Sicherheitsberater Hanif Atmar bei den internationalen Truppen. Aus der Nato-Kommandozentrale im niederländischen Brunssum reiste der Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse an. "Es ist nun Zeit, ein neues Kapitel in unserer Geschichte aufzuschlagen", sagte er. Ob der Kampfeinsatz ein Erfolg war, ist hoch umstritten.

Die Taliban wollen die ausländischen Truppen weiter angreifen. "Ich versichere unserem Volk, dass seine Mudschaheddin weiter gegen die Eindringlinge kämpfen werden, auch wenn nur noch einer von ihnen in unserem Land ist", erklärte Taliban-Sprecher Zabihullah Mudschahed. Die Isaf-Mission habe ihr Ziel verfehlt, Afghanistan "zu einer weiteren US-Kolonie zu machen und von hier aus Zentralasien zu bedrohen".

"Wir verstehen den Rückzug nicht"

Nach Ansicht von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag zur Stabilität Afghanistans geleistet. In den vergangenen 13 Jahren habe sich die Situation vieler Menschen verbessert.

In der deutschen Bevölkerung herrscht allerdings die Meinung vor, dass sich der Einsatz nicht gelohnt hat. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vertraten 60 Prozent der Teilnehmer diese Auffassung.

In Afghanistan stößt das Ende der Kampfmission auf Kritik. "Wir haben die Aufstockung der Soldaten 2009 nicht verstanden, und wir verstehen jetzt den Rückzug nicht", sagte die Leiterin der afghanischen Menschenrechtskommission in Kabul, Sima Samar. Die internationale Gemeinschaft sei sehr oberflächlich an Afghanistan herangegangen. "Vielleicht hätten wir mehr erreicht und weniger Opfer zu beklagen, wenn wir die Lage besser analysiert hätten", sagte die Trägerin des Alternativen Nobelpreises.

Der Chef der Linken-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, hält die Nato in Afghanistan für komplett gescheitert: "13 Jahre Nato-Krieg haben dem Land keinen Frieden, keinen sozialen Fortschritt, keine stabile demokratische Entwicklung, keine Rechtsstaatlichkeit gebracht - aber viele Tote und Zerstörungen."

Quelle: ntv.de, wne/dpa

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