Sorge um Bestandsimmobilien Städtetag fordert Nachbesserung bei Heizungsplänen
20.04.2023, 10:30 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Nur in gut gedämmten Immobilien könnten Wärmepumpen effizient eingesetzt werden, sagt der Chef des Städtetags. Die Vereinigung fordert unter anderem längere Übergangsfristen.
(Foto: dpa)
Nach den Plänen der Bundesregierung soll ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Den Gesetzentwurf, der auf ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinausläuft, könnte das Kabinett heute beschließen. Doch nicht nur die Opposition hat noch Klärungsbedarf in einigen Fragen.
Der Deutsche Städtetag fordert Nachbesserungen bei den Plänen zum Heizungstausch. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte: "Wir wissen, dass wir jetzt die Weichen für die klimaneutrale Wärmeversorgung stellen müssen. Aber die noch so richtigen Ziele laufen ins Leere, wenn Handwerker und geeignete Heizsysteme fehlen, Fristen zu eng sind und Kosten in die Höhe schnellen und damit die Menschen insgesamt überfordert werden."
Das Bundeskabinett könnte heute eine Reform des Gebäudeenergiegesetzes beschließen - und zugleich ein zusätzliches Förderprogramm für den Heizungstausch in Milliardenhöhe. Von 2024 an soll nach Plänen der Bundesregierung möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit soll der Abschied von Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil stellt umfangreiche Zahlungen für Immobilienbesitzer und Mieter in Aussicht. Der "Bild"-Zeitung sagte er, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gingen nur zusammen: "Deshalb werden wir massiv Geld in die Hand nehmen, um den Umstieg beim Heizen zu fördern."
Die Union fordert eine verlässliche Förderung für Heizungsumstellung. "Niemand darf durch neue Vorgaben überfordert werden", sagte Unionsexperte Andreas Jung der Funke Mediengruppe. Er forderte außerdem Steueranreize nicht nur, wie es sie bislang nur gebe für selbst genutzte Wohnungen, sondern auch bei Vermietung und Gewerbe. "Aus Sicht des Klimaschutzes kommt es auf die CO2-Reduktion an, nicht auf die Art der Nutzung", argumentierte der CDU-Politiker.
Die Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, zeigte sich zuversichtlich, dass eine gute Lösung erarbeitet werde, "um Menschen beim Heizungstausch und bei der Steigerung der Energieeffizienz auch künftig zu unterstützen". Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte das Heizungsgesetz als "Chaosnummer". Dass die Förderungen weiterhin unklar seien, sei "eine Unverschämtheit gegenüber den Bürgern", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Alte Häuser brauchen erst Dämmung
Dedy betonte, für die Städte sei wichtig, dass der Weg in eine klimaneutrale Wärmeversorgung mit machbaren Fristen und einem Technologie-Mix beschritten werden könne. "Für viele Wohngebiete, gerade im Neubau, ist die Wärmepumpe eine gute Option. Unsere Sorge sind die vielen Millionen Häuser im Bestand. Denn eine Wärmepumpe arbeitet aktuell nur in hochgedämmten Gebäuden effizient. Und das heißt, alte Häuser brauchen neue Fenster, gedämmte Fassaden und Dächer, große Heizflächen im Fußboden oder Wänden und erschwingliche Strompreise. Das alles wird nicht überall möglich sein. Und schon gar nicht in kurzer Zeit. Wir brauchen daher dringend längere Übergangsfristen für den Gebäudebestand."
Für größere Gebäude, wie Schulen, Turnhallen, Krankenhäuser oder Verwaltungsgebäude seien andere Lösungen nötig. "Sie sind bislang mit Wärmepumpen kaum beheizbar", so Dedy. "Deswegen brauchen wir eine echte Technologie-Offenheit, die nicht nur auf dem Papier steht. Die Wärmepumpe dort, wo sie effizient arbeiten kann, aber auch ausgebaute Wärmenetze, Abwärme von Industrie oder Geothermie."
Für grünen Wasserstoff im Wärmesektor sieht die Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner, wenig Potenzial. "Beim Heizen, wo es Wärmepumpen, Geothermie und viele andere Alternativen gibt, wird Wasserstoff wahrscheinlich der teuerste Weg sein", sagte Brantner der Funke Mediengruppe. "Da muss es Klarheit geben, auch in der Wärmeplanung der Kommunen - wenn ich Bürgermeisterin wäre, würde ich nicht auf Wasserstoff in der Wärmeplanung setzen." Wasserstoff sei aber natürlich überall erlaubt.
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 19. April 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, ino/dpa