"Das ist ein Armutszeugnis" Opposition sieht "Koalition am Ende"
12.09.2016, 05:19 Uhr
Gabriel, Merkel, Seehofer: In der Flüchtlingspolitik gehen die Meinungen stark auseinander.
(Foto: picture alliance / dpa)
Sind die jüngsten Verbalattacken Seehofers gegen den Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik ins Leere gelaufen? Nach dem Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt scheint es fast so. Die Opposition wittert Morgenluft.
Nach dem Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt haben Linke und Grüne im Bundestag die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik in Frage gestellt. "Dass man über ein Thema, das alle umtreibt, nicht mal reden kann, weil die Koalitionäre so weit auseinander sind, das ist ein Armutszeugnis", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt in der ARD. "Da fragt man sich tatsächlich, was es noch für die Handlungsfähigkeit bedeutet dieser Koalition", so die Grünen-Politikerin.
Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, kritisierte, bei dem Treffen der Parteivorsitzenden Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel seien nur Ankündigungen herausgekommen. "Die Koalition ist sichtlich am Ende, jede Partei wirtschaftet nur auf eigene Rechnung. Das Beste ist, schnell die Scheidung einzureichen", erklärte Bartsch.
Bei ihrem ersten Treffen nach der Sommerpause hatten sich die Parteichefs der großen Koalition auf einen Fahrplan zur Lösung strittiger Sachthemen geeinigt, den Streit um die Flüchtlingspolitik aber ausgeklammert. Bei den strittigen Punkten geht es um Fragen wie die vom Bundesverfassungsgericht bis Ende September angemahnte Reform der Erbschaftsteuer, um die Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland und um die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen.
Obergrenze weiter für Merkel kein Thema
Vereinbart wurde dem Vernehmen nach, dass sich die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Anfang Oktober erneut treffen. Bis dahin sollen die Fachpolitiker weiter nach Lösungen suchen. Bei mehreren dieser Themen ist die Bundesregierung allerdings auf die Zustimmung einer Mehrheit in der Länderkammer angewiesen. Dazu gehört auch die angestrebte Einstufung von weiteren Maghreb-Ländern als sichere Drittstaaten, um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu erleichtern.
Vor der Dreier-Runde mit SPD-Chef Gabriel hatten Merkel und Seehofer nach Angaben von Teilnehmern gut zwei Stunden über ihre Differenzen in der Flüchtlingspolitik gesprochen. Hinsichtlich der von Seehofer und seiner CSU geforderten Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen gab es dabei erwartungsgemäß keine Annäherung. Merkel lehnt die Festlegung auf eine Obergrenze ab.
Quelle: ntv.de, bad/dpa