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"Gefühle der Nation" verletzt? Peking sagt "falscher" Kleidung den Kampf an

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Die falsche Kleiderwahl könnte der chinesischen Bevölkerung künftig teuer zu stehen kommen.

Die falsche Kleiderwahl könnte der chinesischen Bevölkerung künftig teuer zu stehen kommen.

(Foto: REUTERS)

Aus Angst vor "subversiven" Kräften im eigenen Land holt die chinesische Regierung erneut zum Schlag aus. Eine Gesetzesreform soll künftig bestimmte Kleidungsstücke aus der Öffentlichkeit verbannen. Welche Garderobe den "Geist Chinas" verletzt, weiß jedoch niemand so genau.

Uniform, Minirock oder traditionelle Robe: Stil ist eine Frage des Geschmacks, und längst nicht jedes Kleidungsstück trifft den Geschmack der chinesischen Regierung. Wie die Garderobe der Bevölkerung im eigenen Land zumindest nicht auszusehen hat, soll eine Gesetzesnovelle nun genauer festlegen.

Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, der zur gesetzgebenden Körperschaft Chinas gehört, hat auf seiner Website eine Gesetzesverschärfung veröffentlicht, welche das Tragen gewisser Kleidungsstücke unter Strafe stellt. Der Entwurf, der mehrere Teile des bisherigen Strafgesetzes für die "Verwaltung der öffentlichen Sicherheit" erneuern soll, kriminalisiert nicht nur die Garderobe von Individuen. Auch die freie Rede wird damit abermals zur Zielscheibe der chinesischen Regierung.

Laut Klausel 34 der Novelle kann, wer mit seiner Kleiderwahl "den Geist Chinas untergräbt" oder "die Gefühle der Nation verletzt", strafrechtlich verfolgt werden. Laut dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN folgt die neue Regelung dabei einer Reihe an Maßnahmen, die sich gegen den Ausdruck und Stil einzelner Personen richten. Neue Rundfunkbestimmungen aus den vergangenen Jahren hätten Künstler "mit weiblichem Stil" bereits aus TV-Shows verbannt. Ebenso gelten Tätowierungen oder Männer mit Körperschmuck seit jeher im öffentlichen Sektor Chinas als geächtet.

Vermehrt war es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen gekommen. Ein Beispiel: Vergangene Woche hatten Polizisten laut der "New York Times" in der Stadt Shenzhen einen Mann verwarnt, der Livestreams sendete und dabei einen Minirock trug. "Ein Mann, der in der Öffentlichkeit einen Rock trägt - glauben Sie, dass Sie positive Energie haben?", hatte einer der Polizisten dem Mann entgegengeschrien.

Wer bestimmt das "Gefühl der Nation"?

Welche Art von Kleidungsstücken unter das neue Verbot fallen soll, ist dem Gesetzestext indes nicht zu entnehmen. Begriffe wie "Geist der Nation" und "Volksgefühl" unterliegen keiner weiteren Präzisierung. Auch Verfahrensabläufe sind nicht genauer definiert. Die Auslegung des Gesetzestextes fiele damit in den Ermessensspielraum der Sicherheitsbehörden, was die Willkür im Bereich der Strafverfolgung und Justiz weiter verschärfen könnte. Sollte es zu einem Erlass des aktuellen Gesetzesentwurfes kommen, drohen Geldstrafen von bis zu 5000 Yuan (etwa 637 Euro) oder Polizeigewahrsam bis zu 15 Tage. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der chinesische Gesetzgeber floskelartiger Formulierungen und dehnbarer Definitionen bedient. Auch das Sicherheitsgesetz von Hongkong aus dem Jahr 2020 hatte wegen seines ungemein weit gefassten Wortlautes für große Unsicherheit gesorgt.

Nach Einschätzung der "New York Times" könnte das geplante Verbot China in die Riege der sozial konservativsten Länder katapultieren. In sozialen Medien werde bereits vor dem "Einschreiten der Sittenpolizei" gewarnt. Ein Blick auf die japanisch-chinesischen Spannungen verleiht der geplanten Verschärfung zusätzlich politisches Gewicht. "Die Änderung könnte extremen Nationalismus schüren und den Antagonismus mit einigen Ländern verstärken", sagte der Strafrechtsprofessor Lao Dongyan von der Tsinghua-Universität in Peking gegenüber CNN. Insbesondere das Tragen traditioneller japanischer Kleidung könnte als subversive Provokation gedeutet werden. Laut "New York Times" wurde in der Stadt Suzhou bereits im vergangenen Jahr eine Frau vorübergehend festgenommen, weil sie einen Kimono trug.

Bevor über eine Umsetzung der vorgeschlagenen Änderungen entschieden wird, will der chinesische Gesetzgeber Rückmeldungen einholen. Bis zum 30. September können auf der Website des Nationalen Volkskongresses Meinungen und Verbesserungsvorschläge abgegeben werden.

Quelle: ntv.de

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