Politik

Russlands Botschafter provoziert "Polen blockierte Anti-Hitler Koalition"

Deutsche Truppen am 1. September 1939 an der deutsch-polnischen Grenze. Am selben Tag verkündete Hitler den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.

Deutsche Truppen am 1. September 1939 an der deutsch-polnischen Grenze. Am selben Tag verkündete Hitler den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Beziehungen zwischen Polen und Russland sind seit jeher nicht frei von Spannungen. Nun verschärft sich die Lage. Auslöser sind Äußerungen des russischen Botschafters in Warschau.

Mit der Behauptung, Polen habe eine Mitverantwortung für den Beginn des Zweiten Weltkriegs, hat der russische Botschafter in Warschau heftige Empörung ausgelöst. Die damalige polnische Regierung habe "vielfach den Bau einer Anti-Hitler-Koalition blockiert", sagte Sergej Andrejew in einem Interview mit dem polnischen Fernsehsender TVN24. "Polen war daher teilweise verantwortlich für die Katastrophe im September 1939." Der Diplomat machte Polen auch für den Einmarsch der Roten Armee mitverantwortlich. Die Invasion sei notwendig gewesen, "um die Sicherheit der Sowjetunion zu garantieren". Die Sowjetunion habe ein "freundliches Land" an seiner Grenze haben wollen.

Die polnische Regierung reagierte erbost auf die Äußerungen des ranghöchsten russischen Diplomaten in Polen. "Wir protestieren entschieden gegen die Äußerungen des Botschafters", erklärte das Außenministerium. Diese rechtfertigten, dass polnische Bürger festgenommen, deportiert und getötet wurden. Die Äußerungen verdrehten die historische Wahrheit und beschädigten die russisch-polnischen Beziehungen schwer. Zudem zeigten sie "einen Mangel an Respekt vor den Opfern der Kriegsverbrechen" der Sowjets.

Außenminister Grzegorz Schetyna kündigte an, am Montag den russischen Botschafter einzubestellen. Er sagte, der Botschafter solle Stellung nehmen zu seinen Äußerungen, die "mangelnde Geschichtskenntnis" zeigten. Ministerpräsidentin Ewa Kopacz sagte zu den Äußerungen Andrejews: "Sogar Kinder in Polen wissen, dass weder Ribbentrop noch Molotow Polen waren."

Streit über Sowjet-Denkmäler

Am 17. September 1939, kurz nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, marschierte die Rote Armee in dem Land ein. Grundlage war der im August 1939 geschlossene Molotow-Ribbentrop-Pakt, ein Nichtangriffspakt zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion, der auch als Hitler-Stalin-Pakt bekannt ist. In geheimen Zusatzprotokollen wurde die Aufteilung Polens unter den beiden Ländern sowie die Annexion der Baltenstaaten durch die Sowjetunion beschlossen.

Mehr als 200.000 polnische Soldaten wurden nach der sowjetischen Invasion in Arbeitslager in Sibirien oder in die von den Nazis besetzten polnischen Gebiete deportiert. Auch hunderttausende polnische Zivilisten wurden in den Osten der Sowjetunion deportiert. Zudem wurden fast 22.000 Offiziere hingerichtet, die meisten von ihnen in Katyn. Moskau machte lange Zeit die Nazis für die Gräueltaten verantwortlich. Insgesamt wurden während des Zweiten Weltkriegs bis zu sechs Millionen Polen getötet, darunter mehr als drei Millionen Juden. Damit ist Polen das Land mit der höchsten Opferzahl gemessen an der Bevölkerungszahl.

In den vergangenen Wochen war es zwischen Warschau und Moskau zu Streit über die Demontage sowjetischer Denkmäler in Polen gekommen. Am Freitag hatte das Moskauer Außenministerium die polnische Botschafterin Katarzyna Pelczynska-Nalecz nach Berichten über die Zerstörung eines sowjetischen Soldatenfriedhofs in Nordostpolen einbestellt. Russland warf Polen daraufhin Vernachlässigung seiner Pflichten zum Schutz sowjetischer Gedenkstätten vor.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Warschau sind wegen des Ukraine-Konflikts ohnehin angespannt. Polen gehört zu den Ländern, die Russland die Bewaffnung der prorussischen Separatisten in der Ostukraine vorwerfen.

Quelle: ntv.de, cro/AFP/dpa

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