Politik

Streit um Restitutionsgesetz Polen ruft Botschafter in Israel zurück

Erst vor wenigen Tagen hatte Polens Präsident Andrzej Duda das Gesetz unterzeichnet.

Erst vor wenigen Tagen hatte Polens Präsident Andrzej Duda das Gesetz unterzeichnet.

(Foto: imago images/Eastnews)

Der Streit um ein polnisches Gesetz, das die Ansprüche im Kommunismus Enteigneter verjähren lässt, eskaliert. In der Praxis sind die Betroffenen oft Juden. Erst beordert Israel eine Diplomatin zurück, nun reagiert Polen auf gleiche Weise.

Im Streit um das umstrittene polnische Restitutionsgesetz hat die Regierung in Warschau ihren Botschafter in Israel zurückbeordert. Der Botschafter werde "bis auf Weiteres" in Polen bleiben, teilte das Außenministerium am Montag mit. Der Schritt erfolgte zwei Tage, nachdem die israelische Regierung ihrerseits ihre diplomatische Geschäftsträgerin in Polen zurückbeordert und das polnische Gesetz als "unmoralisch und antisemitisch" bezeichnet hatte.

Polens Präsident Andrzej Duda hatte das umstrittene Gesetz zur Rückgabe von nach dem Zweiten Weltkrieg konfisziertem Eigentum am Samstag unterzeichnet. Das Gesetz erlässt rückwirkend eine 30-jährige Verjährungsfrist für Rückgabe- und Entschädigungsforderungen und schließt somit die Forderungen vieler Nachkommen von Holocaust-Opfern aus.

Das polnische Außenministerium bezeichnete die Rückbeorderung der israelischen Geschäftsträgerin am Montag als "ungerechtfertigt" und die Kritik der israelischen Regierung an dem Rückgabe-Gesetz als "inakzeptabel". Über das "dauerhafte Ausmaß der diplomatischen Vertretung in Israel" werde "in den kommenden Tagen" entschieden, erklärte das Ministerium weiter. Übergangsweise werde "ein anderer Mitarbeiter" die Arbeit der Botschaft in Tel Aviv leiten, ein Stellvertreter für den Botschafter werde nicht entsandt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden sechs Millionen Polen ermordet, die Hälfte von ihnen Juden. Nach dem Krieg verstaatlichten die kommunistischen Behörden in Polen einen Großteil von leer stehenden Häusern und Grundstücken, deren Eigentümer von den Nationalsozialisten ermordet oder die aus Europa geflüchtet waren.

Der Gesetzestext betrifft zwar jüdische und nicht-jüdische Enteignete gleichermaßen. Kritiker argumentieren jedoch, dass Juden in der Praxis in überproportionaler Weise betroffen sind, weil viele von ihnen unmittelbar nach dem Krieg keine Gelegenheit hatten, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Die Regierung in Warschau argumentiert, dass das Gesetz Rechtssicherheit auf dem Immobilienmarkt schaffe. Zudem würden betrügerische Ansprüche verhindert. Forderungen nach einem umfassenden Entschädigungsgesetz, wie sie in anderen mittel- und osteuropäischen Ländern existieren, schloss Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit der Begründung aus, dass Polen "nicht für die deutschen Verbrechen" im Zweiten Weltkrieg bezahlen werde.

Quelle: ntv.de, mpe/AFP

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