Politik

Präsident und Unternehmer Poroschenkos süßes Geschäft mit Russland

RTR3K4Q2.jpg

Verfügt laut "Forbes" über ein Vermögen von 1,3 Milliarden US-Dollar: Ukraine-Präsident Poroschenko.

(Foto: REUTERS)

Seit Mai 2014 ist Petro Poroschenko Präsident der Ukraine. Von seinen Geschäften mag er jedoch nicht ablassen. Auch wenn er das eigentlich versprochen hatte.

Die Rhetorik von Petro Poroschenko ist schneidig und unmissverständlich. Er sagt Sätze wie: "Wir haben uns auf das Szenario für einen totalen Krieg vorbereitet." Oder er spricht von der "russischen Aggression gegen die Ukraine". Der ukrainische Präsident sieht sein Land nicht nur mit den Separatisten in einem bewaffneten Konflikt, sondern auch mit Russland. Umso bemerkenswerter ist, dass er als Unternehmer dennoch viel Geld mit Geschäften in dem Nachbarland macht.

Poroschenko ist ein vielseitiger und streitbarer Mann. Der 49-Jährige besitzt unter anderem eine Reihe von Schokoladenfabriken, das Maschinenbauunternehmen "Leninska Kuznya" und den Fernsehsender "Kanal 5". Er ist der Inbegriff eines Oligarchen. Seit Mai 2014 ist der "Schokoladenbaron" auch Präsident. Eine schwierige Mischung. Poroschenko muss das klar gewesen sein. Es schien nur konsequent, dass er im Wahlkampf versprach, seine Unternehmen zu verkaufen. Doch das hat Poroschenko bis heute nicht getan.

Seit seiner Wahl gibt er vor, sein Schokoladenkonzern Roshen befinde sich unmittelbar vor dem Verkauf. Er beteuerte mehrfach, seit seiner Wahl keinen Einfluss mehr auf das Unternehmen zu haben. Angeblich organisiert eine Anlagengesellschaft den Verkauf. Nur: Bisher fand sich kein Käufer. Noch immer ist Poroschenko der Eigentümer von Roshen. Noch immer verdient er damit viel Geld: sowohl in dem Land, das er regiert, als auch in Russland. Wenn man das so will, macht er Geschäfte mit dem Feind.

Vergiftete Schokolade

Roshen gehört mit einer Produktion von jährlich 450.000 Tonnen Süßigkeiten weltweit zu den größten Süßwarenherstellern. Das Unternehmen konnte seinen Gewinn 2014 fast verneunfachen. Branchenexperten schätzen den Wert auf 1,5 Milliarden US-Dollar. Der Vorteil: Roshen hat nicht nur Standorte in den baltischen Staaten, sondern auch in Russland. So steht dem Unternehmen sowohl der Markt der EU offen als auch der zur eurasischen Union.

RTR3JKCR.jpg

Die Roshen-Fabrik in Lipezk.

(Foto: REUTERS)

Die russische Fabrik befindet sich in Lipezk, knapp 500 Kilometer südlich von Moskau, eine zweite Produktionsanlage steht im nahe gelegenen Sentsovo. Poroschenko verfügt über ein gutes Netzwerk in Lipezk. Seine Frau stammt aus der Region, Gouverneur Oleg Korolev gilt als einer seiner engsten Freunde. In den russischen Werken werden am Tag 500 Tonnen Süßigkeiten produziert. Mehr als 1000 Russen sind dort beschäftigt. Roshen ist der größte Süßwaren-Hersteller in der Region, der Marktanteil in Russland beträgt immerhin sieben Prozent.

Nach Poroschenkos Wahl litt das Russland-Geschäft zunächst. Es gab Boykottaufrufe. Die Moskauer Justiz sperrte russische Konten von Roshen. Im Mai stand die Produktion eine Woche lang still. Im Land kursierten Gerüchte, die Schokolade sei giftig und Poroschenko finanziere damit den Krieg im Donbass. Der Umsatz sank um etwa 20 Prozent, einige Mitarbeiter mussten entlassen werden. Russland verhängte auch ein Importverbot für ukrainische Süßwaren - aber die Produktion in Lipezk läuft. Poroschenko verdient nicht nur weiterhin Geld in Russland. Auch der "Feind" profitiert, denn Poroschenkos Fabrik sichert Arbeitsplätze.

Der Maidan-Präsident

Dazu kommt noch ein zweites Dilemma: Rechtlich bewegt sich Poroschenko auf schwierigem Terrain. Ukrainischen Staatsbeamten - und auch dem Präsidenten - ist es gesetzlich verboten, gleichzeitig unternehmerische Tätigkeiten auszuüben. In der Ukraine wächst der Unmut darüber, dass Poroschenko sein Versprechen noch immer nicht eingelöst hat. Für viele behindert er den Kampf gegen die Oligarchen und die Korruption, wofür die Maidan-Bewegung eigentlich gekämpft hatte.

Igor Luzenko, Abgeordneter der Vaterlandspartei, fordert strengere Korruptionsgesetze. "Das Beispiel des Präsidenten hat eine große Wirkung. Dass sich das Staatsoberhaupt bis heute nicht von diesem Interessenskonflikt befreit hat, ist ein starkes Signal für das gesamte System - alle Beamten verstehen, dass die Regierung dieses Verhalten akzeptiert hat."

Aber nicht nur von seinem Schokoladen-Imperium kann Poroschenko nicht lassen. Auch neun Monate nach seiner Wahl zählt er immer noch zu den einflussreichsten Medienmogulen in der Ukraine. Sein "Kanal 5", der die Maidan-Proteste vor einem Jahr positiv begleitete, gilt als einer der seriösesten Nachrichtensender. Dem Eindruck vieler Ukrainer nach berichtet er noch etwas patriotischer, seit der Eigentümer auch Präsident ist.

Wie eng Poroschenkos Interessen sich zuweilen überschneiden, wurde Ende des vergangenen Jahres wieder deutlich. Da benannte das ukrainische Staatsoberhaupt einen alten Bekannten zu seinem Informationsminister: Juri Stez. Der leitete jahrelang "Kanal 5". Nach Poroschenkos Wahl rückte er an die Spitze der Informationsabteilung der ukrainischen Nationalgarde. Als Minister hat er künftig die Aufgabe, der russischen Propaganda entgegenzuwirken.

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen