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Wahltalk bei Anne Will Prien und Özdemir fordern gemeinsame Migrationspolitik

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Die Menschen empfinden den ständigen Streit in der Ampel als abstoßend: CDU-Vize Prien diskutiert mit dem Grünen Özdemir.

Die Menschen empfinden den ständigen Streit in der Ampel als abstoßend: CDU-Vize Prien diskutiert mit dem Grünen Özdemir.

(Foto: NDR/Wolfgang Borrs)

Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen können die Unionsparteien weiter regieren. Die Ampelparteien haben teils dramatisch verloren, während die AfD deutlich zulegt. In der ARD-Talkshow Anne Will diskutieren die Gäste am Abend über die Lehren aus den Wahlen.

Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind gelaufen. Die Unionsparteien haben in beiden Bundesländern den Regierungsauftrag bekommen. In Bayern wird die CSU von Ministerpräsident Markus Söder in den nächsten Tagen Koalitionsgespräche mit den Freien Wählern führen. In Hessen kann sich Ministerpräsident Boris Rhein seinen Koalitionspartner aussuchen. Seit zehn Jahren regiert dort die CDU gemeinsam mit den Grünen, hier wäre auch eine Koalition mit der SPD möglich. Teils deutliche Verluste haben die Ampelparteien erlitten. Klarer Wahlsieger ist die AfD, die in Bayern auf Platz drei kam und in Hessen zweitstärkste Partei wurde. In der ARD-Talkshow Anne Will haben die Gäste am Abend die Wahlergebnisse analysiert.

"Wir sehen, dass in beiden Bundesländern die rechten Kräfte eindeutig stärker geworden sind", sagt Politologin Nicole Deitelhoff. In Hessen hätten davon CDU und AfD profitiert, in Bayern auch die Freien Wähler, so die Politikwissenschaftlerin. Der stellvertretende Welt-Chefredakteur Robin Alexander geht davon aus, dass durch die starken Gewinne der AfD die Demokratie nicht in Gefahr ist. "Die AfD ist in Teilen rechtsextrem. Aber sie ist demokratisch gewählt worden. Es ist erkennbar, dass Leute sich für die AfD entschieden haben, obwohl bekannt ist, was die teilweise im Schilde führt." Nun müssten die demokratischen Parteien eine Politik machen, die das bearbeite, was der AfD die Wähler zuführt. Dazu müssten sie vor allem Lösungen in der Migrationsfrage liefern.

"Das wurde nicht in Hessen vergeigt"

Die Ampel beschäftige sich durchaus mit den Problemen der Menschen, sagt SPD-Co-Chefin Saskia Esken. Als Beispiele nennt sie eine sozial ausgewogene Klimapolitik und den Umgang mit der Corona-Krise und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. "Ich bin nicht sicher, ob die Migrationspolitik wirklich das ist, was alle Menschen bedrückt", sagt Esken. Sie glaubt, die Menschen haben Angst vor der Zukunft: "Man weiß eigentlich nicht, wohin es geht mit unserem Land und mit der Welt. Ich glaube, dass da auch viel Veränderungsmüdigkeit und viel Krisenangst in der allgemeinen Stimmung stecken." Die AfD könne die Probleme nicht lösen, aber sie habe einfache Antworten auf komplexe Fragen. Wir haben auch Antworten, aber die sind komplex und nicht so leicht transportierbar gegen emotionale, auf Empörung ausgerichtete Antworten - nämlich: Die Migranten sind schuld." Richtig sei, dass die AfD demokratisch gewählt sei, sagt Esken weiter. "Aber sie ist eine regelrecht antidemokratische Partei."

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen spricht die Probleme der Ampelkoalition deutlicher an. "Unser Verlust in Hessen hat viel mit der Bundespolitik zu tun. Das ist nicht in Hessen vergeigt worden, das waren auch wir, das war die Ampel", gibt er zu. Die sei jedoch besser als ihr Ruf, so der Politiker. "Denn für die Chance, soziale Gerechtigkeit, Freiheit und ökologische Modernisierung zusammenzubringen, gibt es Mehrheiten." Die Ampel habe aber den Eindruck hinterlassen, dass Streit alles dominiere. "Die Idee ist, dass ich den Erfolg des Anderen auch als meinen betrachte. Nur so kann man erfolgreich regieren."

"Bei muslimischen Verbänden Samthandschuhe weglassen"

In der Flüchtlingspolitik habe die Ampel nicht zu jedem Zeitpunkt den Eindruck gemacht, dass sie noch die Kontrolle über Zuwanderungen habe. Gleichzeitig habe der Staat am Samstagabend in Berlin-Neukölln nach dem Angriff palästinensischer Terroristen auf Israel eine islamistische Jubelveranstaltung nicht verhindert. "Es kann nicht sein, dass auf Deutschlands Straßen Menschen jubeln, weil Israelis vergewaltigt, entführt und ermordet werden. Das hilft nicht uns, nicht den Demokraten, sondern denen, von denen wir nicht wollen, dass sie stärker werden. Wenn sich diese Bilder nicht ändern, wird die AfD bei den Wahlen im nächsten Jahr noch bessere Ergebnisse erreichen. Wir müssen zeigen, dass wir im Umgang mit muslimischen Verbänden künftig die Samthandschuhe mal weglassen." Das wolle die Ampel ab Montag gemeinsam mit der wichtigsten Oppositionspartei im Bundestag ändern. "Ich bin fest überzeugt, dass wir das machen. Dann können wir auch den Wähleranteil der AfD reduzieren."

Die Menschen empfänden den ständigen Streit in der Ampelkoalition als abstoßend, betont die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien. Wichtig sei Vertrauen in Lösungskompetenz. Die Menschen empfänden die Flüchtlingskrise und den wirtschaftlichen Abschwung als Probleme. "Darauf müssen Antworten gefunden werden. Und offensichtlich ist es der Ampel nicht gelungen, diese Antworten zu geben, denn sonst wären die Ergebnisse heute Abend anders ausgefallen." Allerdings ist auch ihr klar, dass vor allem in der Flüchtlingspolitik die demokratischen Parteien zusammenarbeiten müssten.

"Ordnung und Humanität"

"Was wir brauchen ist eine Mischung aus Ordnung und Humanität", fordert Özdemir: "Humanität heißt: Wer in Not ist, bekommt unsere Hilfe. Aber auf der anderen Seite ist auch klar, dass die Leute sagen: Wenn ihr Menschen ins Land lasst, obwohl die Schulen nicht funktionieren, die Kitaplätze nicht da sind und ihr die Sicherheit nicht gewährleisten könnt, dann haben wir ein Problem. Dann geht die Akzeptanz flöten. Und es ist unsere verdammte Pflicht, das hinzukriegen."

Das sieht Prien offenbar genauso. Sie sagt: "Wenn wir uns darauf einigen, würde ich vorschlagen, dass wir morgen damit anfangen und überlegen, wie wir über die demokratischen Parteien hinweg einen Konsens finden im Bereich der Migrationspolitik. Das wäre die richtige Konsequenz aus diesem Wahlabend."

Quelle: ntv.de

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