Politik

Kämpfe in 48 Stunden Rebellen setzen Assad Ultimatum

Ein Rebell sieht unter Waffen fern.

Ein Rebell sieht unter Waffen fern.

(Foto: dpa)

Die Situation in Syrien spitzt sich stündlich zu. Nachdem ein weiteres Massaker mit 13 Toten entdeckt wurde, setzen die Rebellen Machthaber Assad eine Frist. Er habe 48 Stunden Zeit, sich an die Vorgaben des UN-Sonderbotschafters zu halten. Danach werde gekämpft. Merkel und Obama beraten in einer Videokonferenz das weitere Vorgehen.

Die oppositionelle Freie Syrische Armee hat dem Regime von Präsident Baschar al-Assad am Mittwoch ein Ultimatum für die Umsetzung des Friedensplans des Sondergesandten Kofi Annan gestellt. Die Rebellen setzten der Regierung eine 48-stündige Frist bis Freitag 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit, erklärte Oberst Kasim Saad Eddine von der Freien Syrischen Armee nach Angaben der Opposition im Internet.

Der Oberst erklärte weiter, sollte das Regime nicht einlenken, fühlte sich die Rebellenorganisation nicht mehr an ihre Verpflichtungen gebunden. Sie würden die Zivilisten, deren Dörfer und Städte verteidigen und beschützen. Der Friedensplan des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan ruft zu einem Ende der Gewalt auf und verlangt einen Abzug der syrischen Streitkräfte und ihrer schweren Waffen aus den Städten, die Freilassung von politischen Häftlingen und den freien Zugang für Hilfsgüter.

Assad wird als brutal und blutrünstig in die Geschichte eingehen.

Assad wird als brutal und blutrünstig in die Geschichte eingehen.

(Foto: dpa)

In einer Videokonferenz berieten US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Ministerpräsident Mario Monti über die Eskalation. Die Staats- und Regierungschefs stimmten darin überein, dass ein Ende der Gewalt der Regierung gegen das eigene Volk wichtig und ein politischer Übergang dringend nötig sei, hieß es in einer Erklärung. Die USA hatten zuvor die Bereitschaft zu einem Eingreifen in dem Konflikt signalisiert und dabei ein militärisches Vorgehen nicht mehr explizit ausgeschlossen. Auch Hollande zeigte sich zuletzt offen für einen internationalen Einsatz.

Israel forderte die internationale Gemeinschaft auf, härter gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad vorzugehen. "Diese Ereignisse in Syrien zwingen die Welt, aktiv zu werden, nicht nur zu reden, sondern etwas zu tun", sagte Verteidigungsminister Ehud Barak in einer Rede in Tel Aviv. Israel hat sich in dem Konflikt bislang zurückgehalten, weil es Unruhen in dem verfeindeten Nachbarland fürchtet. Der jüdische Staat hat wiederholt davor gewarnt, dass das reiche Waffenarsenal Syriens in die Hände von Islamisten und Terroristen zu fallen drohe, wenn das Regime Assads zusammenbricht.

Russen stehen hinter Assad

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen konnte sich zuvor trotz des Massakers in Al-Hula nicht auf eine gemeinsame Haltung in der Syrien-Krise festlegen. Alle Seiten zeigten sich zwar entsetzt, dass unter den mehr als 100 Opfern allein 49 Kinder seien. Das Regime in Damaskus wird jedoch weiter von Russland in Schutz genommen. Dessen UN-Botschafter Vitali Tschurkin warf Deutschland und anderen Ländern kaum verblümt vor, einen Krieg zu riskieren.

Tschurkin bezog sich auf die Ausweisung der syrischen Botschafter aus Deutschland und anderen Staaten nach dem Massaker vom Freitag. "Das könnte ein Signal sein und von denen missverstanden werden, die weitere Kämpfe in Syrien wollen. Denn so etwas macht man in der diplomatischen Tradition, in der Geschichte immer dann, wenn man das Schlimmste vorbereitet." Der Rauswurf sei eine Provokation. "Wenn man so etwas macht, sollte man einkalkulieren, dass manche Leute das missverstehen."

Ein syrischer Spitzendiplomat kehrte unterdessen der Regierung in Damaskus freiwillig den Rücken. Der Honorarkonsul im US-Bundesstaat Kalifornien, Hasem Chehabi, trat zurück und erklärte, nach den Tötungen sei ein Schweigen nicht mehr zu rechtfertigen. "Man gerät an den Punkt, wo ein Schweigen oder ausbleibendes Handeln ethisch und moralisch inakzeptabel ist", sagte Chehabi dem National Public Radio laut Manuskript.

Rice mahnt Handlungsfähigkeit an

Die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, zeigte sich nach der vertraulichen Unterredung des Rates mit Jean-Marie Guéhenno, dem Stellvertreter von Syrien-Sondervermittler Kofi Annan, pessimistisch. "Es gibt drei Möglichkeiten: Die erste ist, dass Assad endlich einlenkt. Die zweite ist, dass der Druck des Sicherheitsrates zu einer Lösung führt", sagte Rice. "Doch die dritte ist die schlimmste und leider momentan auch wahrscheinlichste: Dass die Gewalt weiter zunimmt und sich über die ganze Region erstreckt." Der Rat müsse endlich handlungsfähig sein.

Großbritanniens UN-Botschafter Mark Lyall Grant räumte ein, dass an den Kämpfen durchaus auch Terroristen beteiligt seien. "Ja, da gibt es solche Elemente. Aber sie konnten nur da sein, weil die syrische Regierung versagt hat und so erst Raum für diese dritte Partei geschaffen hat." Sein deutscher Kollege Peter Wittig sagte, er hoffe, "dass das Massaker in Al-Hula einigen die Augen geöffnet" habe.

Wie auch Grant forderte Wittig eine grundsätzliche Diskussion des Rates zu Syrien. Ziel müsse eine politische Lösung sein. Wittig sagte im Anschluss an die Sitzung, dass aus deutscher Sicht verschiedene Aspekte diskutiert werden müssten: Die Frage des Mandats und der Stärke der Beobachtermission ebenso wie Sanktionen gegen diejenigen, die gegen den Annan-Friedensplan verstoßen. Bei beiden Fragen steht der Rat Diplomaten zufolge noch ganz am Anfang des Prozesses.

Mehr als 9000 Menschen getötet

Gleiches dürfte für den deutschen Vorschlag gelten, eine internationale Untersuchungskommission mit einem Mandat des Sicherheitsrates auszustatten. Zwar hätte, sagen Teilnehmer, die Forderung nach Aufklärung der Verbrechen gegen Zivilisten inzwischen mehr Widerhall bei den Ratsmitgliedern erhalten. Aber es sei zweifelhaft, ob der Vorschlag auch die Unterstützung Russlands und Chinas gewinnen könne.

Syrische Oppositionelle berichteten von einem neuen Massaker. Sie veröffentlichten ein Video aus der Provinz Deir as-Saur, das die Leichen von 13 Männern zeigt - mit hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen. Der Leiter der UN-Beobachtermission in Syrien, General Robert Mood, bestätigte die Angaben. Am Mittwoch kamen nach Angaben von Oppositionellen mindestens 49 Menschen in Syrien ums Leben. Die Vereinten Nationen schätzen, dass in den 15 Monaten, seit Ausbruch des Konflikts, mehr als 9000 Menschen getötet worden sind.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen