Politik

"Am Rande einer Niederlage" Russischer Ultranationalist geht Putin direkt an

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Allein mit seinem Gott: Putin mit Kerzen in einer russisch-orthodoxen Kirche.

(Foto: AP)

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Russische Nationalisten sehen die Kriegslage düster. Auch die Einnahme kleiner Orte ändere daran nichts, schreibt Militärblogger Girkin. Er fordert, nicht nur "untalentierte Generäle und selbstsüchtige Beamte" zur Verantwortung zu ziehen - sondern auch den Oberbefehlshaber.

Präsident Wladimir Putin ist in Russland auch in nationalistischen Kreisen nicht mehr über jede Kritik erhaben. Igor Girkin, ehemaliger Befehlshaber russischer Kämpfer im Donbass und prominenter Militärblogger, deutet an, dass er eine Amtsenthebung Putins unterstützen würde.

"Russland steht am Rande einer militärischen Niederlage, und auch die Einnahme kleiner Städte und Dörfer ändert nichts an dieser Situation. Nicht nur untalentierte Generäle und selbstsüchtige Beamte sollten zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch der Oberbefehlshaber, der sie ernannt hat und der sich hartnäckig weigert, sie zu ändern", schreibt der glühende Nationalist auf Telegram.

Am Dienstag wurde bekannt, dass der nach einigen Niederlagen im Ukraine-Krieg kritisierte russische General Alexander Lapin zum Generalstabschef der Heerestruppen ernannt wurde. Lapin kommandierte bis zum Oktober die Heeresgruppe "Zentrum" der russischen Truppen in der Ukraine, wurde dann aber nach teils heftiger Kritik aus der Heimat abgelöst.

Girkin, der auf Telegram fast 790.000 Follower hat, schränkt seine Forderung allerdings etwas ein: "Ich bin gegen einen Wechsel des Oberbefehlshabers in Kriegszeiten", schreibt er. Zugleich betont der Ex-Geheimdienstchef die Notwendigkeit von Kritik - die allerdings in Russland seit Kriegsbeginn immer repressiver geahndet wird: "Die Abwesenheit von Kritik wird die Katastrophe nicht verhindern oder gar verzögern", so Girkin. "Wenn meine Kritik für mich selbstmörderisch wird, aber wahrgenommen wird und zumindest eine richtige Reaktion hervorruft, werde ich meine Pflicht als erfüllt betrachten. Weil ich es nicht 'auf andere Art und Weise' machen darf."

"Kopf des Fisches" ist verrottet

Girkin hat bereits in der Vergangenheit mehrfach heftige Kritik an der Kriegsführung in der Ukraine geäußert. Der "Kopf des Fisches sei völlig verrottet", sagte Girkin erst im Dezember. Die Leute seien keineswegs blind und taub, so der Nationalist. "Die Leute auf der mittleren Ebene verbergen nicht einmal ihre Ansichten, die, wie soll ich sagen, nicht gerade schmeichelhaft für den Präsidenten oder den Verteidigungsminister sind", sagte Girkin in dem Video.

Nach Girkin, der einst "Verteidigungsminister" der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" war, wird international gefahndet. Ihm wird der Abschuss des Malaysia-Airlines-Fluges über der Ukraine im Juli 2014 zur Last gelegt. Dabei kamen alle 298 Insassen ums Leben, unter ihnen auch 80 Kinder. Die Ukraine hat ein hohes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.

Der US-Thinktank Institute for the Study of War wertet Girkins Kritik als Zeichen dafür, dass die wachsende Frustration über den Stand des Krieges bei einigen Militärbloggern einen Siedepunkt erreicht und sie dazu veranlasst habe, ihre Selbstzensur zu reduzieren.

Quelle: ntv.de, ghö

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