Absturzstelle soll gesichert werden Rutte erwägt Militäreinsatz
25.07.2014, 17:02 Uhr
Dass die Absturzstelle von MH17 nicht richtig gesichert ist, stört Australien und die Niederlande. Sie wollen nun eigene Polizisten in die Ukraine schicken. Auch einen Militäreinsatz kann sich die niederländische Regierung vorstellen.
Zur Sicherung der Absturzstelle von Flug MH17 in der Ostukraine schließen die Niederlande einen bewaffneten Militäreinsatz nicht aus. Nötig sei dafür aber die Zustimmung sowohl der Regierung in Kiew als auch der prorussischen Separatisten in der umkämpften Region, sagte Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag. Acht Tage nach dem mutmaßlichen Abschuss der malaysischen Boeing 777-200 zeigte sich, dass noch immer nicht alle 298 Todesopfer geborgen sind. Ermittler entdeckten an der Absturzstelle ein neues großes Wrackteil sowie weitere Leichen. Die Niederlande und Australien flogen bereits den dritten Tag in Folge geborgene Leichen von Charkiw nach Eindhoven aus. Bis Freitag kamen insgesamt 189 Särge in den Niederlanden an. Die Niederlande rechnen mit mindestens einem weiteren Flug an diesem Samstag.
Um die Absturzstelle zu sichern, wollen Australien und die Niederlande eigene Sicherheitskräfte zum Absturzort der malaysischen Boeing im Osten der Ukraine schicken. Gut eine Woche nach der Katastrophe mit 298 Toten sprach der australische Premierminister Tony Abbott von 190 Soldaten und Polizisten, die "zum Teil bewaffnet sein könnten". Die Niederlande bereiteten die Entsendung von 40 unbewaffneten Polizisten vor.
Abbott sprach von einer "humanitären Mission", deren Bedingungen in einem Abkommen mit der Regierung in Kiew festgelegt würden. Das Ziel bestehe darin, die 28 australischen Insassen der Maschine in die Heimat zu bringen. Das Abkommen mit der ukrainischen Regierung stehe kurz vor dem Abschluss, sagte Abbott. 90 australische Polizisten wurden bereits nach Europa verlegt, hundert weitere Sicherheitskräfte, dieses Mal Soldaten, sollen laut Abbott folgen.
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Sie wollen die Absturzstelle im Osten der Ukraine endlich sichern: Die australische Außenministerin Julie Bishop und ihr niederländischer Kollege Frans Timmermanns nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen Charkiw.
(Foto: REUTERS)
Die australischen Sicherheitskräfte sollen sich an einem internationalen Einsatz beteiligen, der am Absturzort nach verbliebenen Todesopfern und Hinweisen auf die Absturzursache sucht. Ein Großteil der Leichen wurde inzwischen in die Niederlande ausgeflogen, die die Leitung des Einsatzes übernommen haben. Die Niederlande bereiteten nach Angaben von Ministerpräsident Mark Rutte die Entsendung von 40 Polizisten und 23 Ermittlern vor.
USA erheben Vorwürfe
Für neue Spannungen sorgt der Vorwurf der USA, Russland greife ukrainische Truppen über die Grenze hinweg mit Artillerie an. Der Beschuss habe sich in dieser Woche ereignet, sagte ein US-Vertreter. Die USA erfuhren demnach möglicherweise durch Spionagesatelliten oder Abhöranlagen von dem Vorfall. Es gebe keine Hinweise, dass dabei Zivilisten verletzt worden seien, sagte der Insider, der anonym bleiben wollte. Nach Angaben des Außenministeriums gibt es zudem Hinweise, dass Russland schlagkräftigere Raketenwerfer an die Rebellen liefern will.
Der Westen wirft der Regierung in Moskau vor, die prorussischen Separatisten zu unterstützen. Russland bestreitet dies. Der Chef des US-Generalstabes, Martin Dempsey, sagte, der russische Präsident Wladimir Putin habe sich zu einer Eskalation entschlossen. Allerdings beteiligten sich die russischen Streitkräfte wahrscheinlich eher zögerlich an dem Konflikt, erklärte der General auf einem Sicherheitsforum in Colorado. Er habe die Sorge, dass der Konflikt nicht nur auf Osteuropa begrenzt bleibe. Er bleibe mit den russischen Streitkräften aber in Kontakt.
Russland verbietet Import von Milchprodukten
Auf russischer Seite wird bezweifelt, dass die prorussischen Separatisten für den Abschuss von Flug MH17 verantwortlich sind. Das russische Luftfahrtamt forderte die Ukraine mit Nachdruck auf, Beweise für den angeblichen Abschuss der malaysischen Passagiermaschine vorzulegen. Die Führung in Kiew habe bisher nichts unternommen, um Splitter einer möglichen Rakete zu finden, sagte Behördenchef Alexander Neradko in Moskau. "Die Ukraine ist internationalen Regeln zufolge verpflichtet, eine solche Suche zu organisieren", sagte er der Agentur Interfax zufolge. Es sei "völlig unverständlich", warum die Ukraine zum Zeitpunkt des Absturzes der Boeing 777-200 den Luftraum über dem Krisengebiet nicht gesperrt habe. Auch dies sei ein Verstoß gegen internationale Regeln gewesen, kritisierte Neradko. Die Ukraine sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, den Luftraum auch aus finanziellen Gründen nicht gesperrt zu haben. Durch die Überflugrechte kassiert das zweitgrößte Flächenland Europas dringend benötigte Millionen an Gebühren.
Auch auf wirtschaftlicher Ebene versucht Russland die Ukraine zu schwächen. Ab Montag will Moskau seine Importe von Milchprodukten aus dem Nachbarland stoppen. Ein Vertreter der russischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Rosselchosnadsor sagte, die ukrainischen Behörden hätten nicht auf Anfragen der russischen Seite zu erhöhten Werten von Antibiotika und Bakterien in Milchprodukten reagiert.
Moskau verfolgt derzeit mit Argwohn die Annäherung der Ukraine an die Europäische Union und erhöht seit geraumer Zeit den Druck auf Kiew, ein geplantes Handelsabkommen mit Brüssel nicht zu unterzeichnen. Russlands Regierungschef Dmitri Medwedew hatte am Mittwoch gedroht, Moskau werde im Falle einer Unterzeichnung "gezwungen sein, Vorsichtsmaßnahmen" zu verhängen. Die Behörde für Lebensmittelsicherheit brachte bereits einen kompletten Importstopp für Lebensmittel aus der Ukraine ins Gespräch. Verboten ist bereits die Einfuhr von Kartoffeln und teilweise auch von Pflanzen.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/rts/dpa