Flucht zu berühmten Deutschen SS-Verantwortliche aus Auschwitz versteckten sich bei Bismarcks
22.02.2025, 14:38 Uhr Artikel anhören
Richard Baer (l.) 1944 in prominenter SS-Gesellschaft: Der Auschwitz-Kommandant mit Lagerarzt Dr. Josef Mengele und dem früheren Auschwitz-Kommandaten Rudolf Höß.
(Foto: picture alliance/United Archives)
Als der Zweite Weltkrieg endet, begeben sich führende Köpfe der SS auf die Flucht. Zwei hochrangige Mitglieder, die für das KZ Auschwitz verantwortlich waren, finden Unterschlupf in den Besitztümern eines berühmten deutschen Adelsgeschlechts.
Auf den Besitzungen der Bismarcks haben sich nach 1945 zeitgleich zwei SS-Verantwortliche aus Auschwitz versteckt: Richard Baer, letzter Kommandant des Konzentrations- und Vernichtungslagers, und Johann Mirbeth, Lagerführer von zwei Außenlagern des KZ. Das geht aus Melde- und Lohnunterlagen hervor, die der "Spiegel" einsehen konnte.
Mirbeth war vom 12. Mai 1945 bis zum 30. September 1946 mit richtigem Namen und falschem Geburtsort in der Gemeinde Schönningstedt, heute Ortsteil von Reinbek, gemeldet. Er wohnte und arbeitete auf Gut Schönau, das Otto von Bismarck gehörte. Dieser war Enkel des gleichnamigen Reichsgründers und Reichskanzlers und langjähriges NSDAP-Mitglied. Nach dem Untergang des Dritten Reichs saß Otto von Bismarck jahrelang für die CDU im Deutschen Bundestag.
"Verschwinde besser"
Ottos Bruder Gottfried lebte auf Gut Schönau im Verwalterhaus. Ihm war laut "Spiegel" offenbar bekannt, dass sich mit Johann Mirbeth ein hochrangiger Auschwitz-Kommandant auf dem Besitz der berühmten deutschen Familie versteckt: Wie andere Angehörige der SS trug Mirbeth eine Tätowierung mit seiner Blutgruppe auf der Innenseite des linken Oberarms, dieses soll von Bismarck bekannt gewesen sein. In einer richterlichen Vernehmung sagte Mirbeth 1963 aus: "Da ich das Blutgruppenzeichen noch hatte, sagte Gottfried von Bismarck zu mir, es sei besser, wenn ich verschwinden würde."
Mirbeth setzte sich ins Ruhrgebiet ab. Er wurde 1952 verhaftet und später wegen Mordes und Totschlags verurteilt. Holocaust-Überlebende beschrieben Mirbeth als Sadisten.
Verhaftung erst 1960
Ex-Kommandant Baer führte hingegen einen falschen Namen und arbeitete ab Sommer 1946 für Otto von Bismarck. Er wurde erst 1960 verhaftet. Der heutige Sprecher der Familie in Friedrichsruh - Gregor von Bismarck - hat nach eigenen Angaben 2023 zwei Historiker mit der Recherche beauftragt, ob seine Vorfahren oder die Forstverwaltung Kenntnis von der Identität Baers hatten. Nach seinem Wissensstand werde "dies durch nichts nahegelegt". Zum Stand der Aufarbeitung und zum Fall Mirbeth äußert er sich auf Anfrage nicht.
Die Bismarck-Brüder Otto und Gottfried gehörten beide der NSDAP an, weil sie sich Vorteile für ihre persönlichen Karrieren erhofften. Gottfried von Bismarck gehörte spätestens seit 1935 auch der SS an. Nach dem Stauffenberg-Attentat auf Adolf Hitler 1944 wurde Bismarck wegen des Verdachts der Beteiligung im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.
Nach "Spiegel"-Recherchen war auch Ann Mari von Bismarck, Ehefrau Ottos, seit 1933 NSDAP-Mitglied, was sie im Entnazifizierungsverfahren leugnete. Eine Schule in Aumühle trägt ihren Namen.
Quelle: ntv.de, chr