Gemeinsamer EU-Haushalt? Schäuble bleibt zu Macrons Plänen skeptisch
10.05.2017, 17:58 Uhr
Schäuble sprach im April sogar eine indirekte Wahlempfehlung für Macron aus. Doch dessen Vorschläge unterstützt er trotzdem nicht alle.
(Foto: imago/IPON)
Der neugewählte Präsident Frankreichs tritt mit weitreichenden Vorschlägen an: Entgegen dem Trend will er die EU stärker machen, unter anderem durch einen gemeinsamen Haushalt. Der deutsche Finanzminister äußert sich dazu zurückhaltend.
Frankreichs künftiger Präsident Emmanuel Macron sollte nach Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht mit Hilfsangeboten überschüttet werden. "Frankreich ist so groß und stark, dass es nicht in erster Linie darüber nachdenkt, wer ihm helfen kann", sagte Schäuble auf einer Veranstaltung der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.
Frankreich müsse und werde seine Probleme lösen. "Und dass Macron ein überzeugter Europäer ist, das ist wahr und das ist gut", unterstrich der CDU-Politiker. Daran könne man anknüpfen.
Vorbehalte äußerte Schäuble aber erneut gegenüber Macrons Vorschlägen, einen Euro-Finanzminister und ein eigenes Budget für die Eurozone zu schaffen. Er betonte, dazu seien Vertragsänderungen in Europa nötig. Die Bereitschaft dafür sei aber in vielen EU-Ländern gering, auch in Frankreich. "Wir müssen natürlich unsere Europäische Währungsunion stärken", unterstrich Schäuble. "Deswegen habe ich vorgeschlagen, dass wir den Europäischen Stabilitätsmechanismus als zweitbeste Lösung ein Stück weit nutzen, um ein Stück weit einen Europäischen Währungsfonds zu entwickeln", erklärte er. Der Schutzschirm ESM könne Europa voranbringen.
Schulz unterstützt Macron-Vorschläge
Macrons Programm sieht auf mittlere Sicht einen Haushalt und einen Wirtschafts- und Finanzminister für die Eurozone vor. Das Eurozonen-Budget soll unter anderem Zukunftsinvestitionen finanzieren und bei Wirtschaftskrisen gegensteuern. Auch fordert er EU-weite Mindest-Sozialstandards etwa bei der Arbeitslosenversicherung und dem Mindestlohn. Die Ziele decken sich zum Teil mit Forderungen aus der Brüsseler Reformdebatte, die seit dem Schock über die britische Entscheidung für einen EU-Austritt Fahrt aufnimmt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der jüngst ein "Weißbuch" mit Szenarien zur Zukunft des Staatenbundes beisteuerte, zeigt sich für Macrons Pläne durchaus offen.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz schloss sich ebenfalls der Forderung Macrons an, einen gemeinsamen Haushalt der Euroländer zu schaffen. In einem Interview mit der "Zeit" sagte Schulz, eine gemeinsame Budgetfinanzierung sei sinnvoll, "wenn die Staaten der Eurogruppe gemeinsame Aufgaben anpacken sollen". Es brauche eine Strategie für die Eurozone, um zu mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätzen zu kommen, "wenn wir aus dem ewigen Rhythmus von nichtssagenden und folgenlosen Gipfelbeschlüssen herauskommen wollen".
Außenminister Sigmar Gabriel warnte CDU und FDP davor, den Reformkurs Macrons "aus wahltaktischen Gründen" zu torpedieren. "Wer Frankreich und seinem neuen Präsidenten jeden finanziellen Spielraum für Reformen verweigert, weil in Deutschland Wahlen anstehen, der setzt letztlich Europas Zukunft aufs Spiel", sagte der SPD-Minister dem "Tagesspiegel". Es sei von "überraschender Oberflächlichkeit", wie Vertreter von Union und FDP gegen Macrons Europakurs polemisiert hätten.
Größte Gefahr für die EU? Brexit-Nachahmer!
Schäuble hob in seiner Rede an der Viadrina hervor, der Brexit führe zu mehr Geschlossenheit in der restlichen EU. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht nach der Brexit-Entscheidung der Briten eine Tendenz zu mehr Geschlossenheit in der restlichen EU. Das erste Ziel der deutschen Regierung sei nach dem Referendum im vergangenen Jahr gewesen, dass der EU-Austritt Großbritanniens keine Nachahmer findet, sagte Schäuble. "Das ist bisher ganz gut gelungen."
Oberstes Ziel in den kommenden Brexit-Verhandlungen müsse die Schadensbegrenzung sein. "Das wird unendlich schwierig", sagte Schäuble. Er glaube nicht, dass die EU oder Großbritannien mit Brexit am Ende besser dastehen werden als ohne. "Es wird eher ein Schaden für beide sein." Diesen gelte es zu mindern. Deutschland sei auch nach dem Brexit an einem prosperierenden Großbritannien und einem starken Finanzplatz London interessiert. Dennoch werde es für das Vereinigte Königreich und London negative Folgen des EU-Austritts geben. Am Ende müssten auch die Briten lernen: "Man kann Europa nicht so leicht auseinanderdividieren."
Quelle: ntv.de, nsc/rts/AFP/dpa