Finanzminister findet 10 Milliarden Schäuble will alles auf einmal ausgeben
06.11.2014, 18:11 Uhr
10 Milliarden Euro zusätzlich kann die Regierung ausgeben. Es werden Bildung/Forschung und Verkehr profitieren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Bund will der Konjunktur mit einer Milliardenspritze auf die Sprünge helfen. Da kommen schon bald Ideen, was man alles damit anfangen könnte. Doch Schäuble blockt von vornherein ab. Das Geld soll Großes bewirken.
Seit Monaten geistert eine Zahl durch Zeitungen und Pressekonferenzen. 300 Milliarden. Das ist die Summe, die Jean-Claude Juncker dem Kontinent an Investitionen versprochen hat. Die Zahl sollte Junckers soziale Ader zeigen und Sozialdemokraten im Europaparlament in den europäischen Regierungen davon überzeugen, dass er die EU nicht kaputtsparen wird, wenn er Kommissionspräsident wird. 300 Milliarden Euro mehr für Wachstum, das klingt nach einem Kraftakt, einem Schlusspunkt unter der Eurokrise. Nur woher das Geld kommen sollte, wohin es gesteckt würde und auf wie viele Jahre der Batzen Geld verteilt würde, wusste bislang niemand so genau. Wen man auch fragte: Juncker würde sein Versprechen schon halten, hieß es nur. Man solle Vertrauen haben.
Wolfgang Schäuble ist nun der erste, der seine Schatulle öffnet, um einen Teil zu den 300 Milliarden beizutragen. Seine Ankündigung bringt auch etwas Klarheit darüber, wie Junckers Konjunkturprogramm aussieht.
Schäuble will bis 2018 insgesamt 10 Milliarden zusätzlich investieren. Wohin das Geld genau geht, weiß der Bundesfinanzminister selbst noch nicht. "Sie glauben gar nicht, wie schnell 10 Milliarden belegt sind", sagt er. Seine Minister-Kollegen werden ihre Ansprüche also schon bald anmelden. "Was wir im Detail machen, werden wir innerhalb der Koalition und innerhalb der Regierung besprechen", sagt Schäuble. Bislang hat er sich erst mit Kanzlerin und Vizekanzler abgestimmt. Öffentlich nennt er zwei Stichworte: Bildung/Forschung und Verkehr.
Woher kommen die 10 Milliarden?
Die Frage, woher das Geld kommt, ist schwieriger zu beantworten. Eigentlich hatte Schäuble wenige Atemzüge zuvor noch angekündigt, dass die Steuerschätzung von weniger Einnahmen ausgeht, als sie es noch im Mai. Und Schäuble - von diesem Vorhaben bringt ihn wohl niemand mehr ab - will keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Um die "schwarze Null", also den ausgeglichenen Haushalt, trotz geringerer Steuereinnahmen zu erreichen, muss er schon tricksen: Er kürzt den Zuschuss an die derzeit gut gefüllte Rentenkasse. Außerdem profitiert der Bund von den niedrigen Zinsen: Jedes Jahr laufen Staatsanleihen im Wert von 200 Milliarden Euro aus und werden in etwa gleicher Höhe Staatsanleihen ausgegeben. Und weil Deutschland derzeit praktisch keine Zinsen für neue Anleihen zahlen muss, spart das Land jedes Mal Geld.
Dies reicht aus, um den ausgeglichenen Haushalt zu erklären, aber woher kommen die zusätzlichen 10 Milliarden Euro? Das sei halt der Spielraum, der sich aus den steigenden Einnahmen ergibt, sagt Schäuble. Nur weil die Steigerung nicht so hoch ist, wie bislang angenommen, entstehe trotzdem jedes Jahr ein zusätzlicher Spielraum - wenn man auf strikte Ausgabendisziplin achte. Übersetzt heißt das: Schäuble will dafür sorgen, dass zusätzliche Einnahmen nicht in den Haushalten der Ministerien versickern, das Geld soll in Projekten landen, die der Wirtschaft beim Wachsen helfen. Nachfragen dazu werden ähnlich beantwortet wie Nachfragen zu Junckers Konjunkturpaket in der EU: "Ich habe mir das gut überlegt und mit klugen Mitarbeitern beraten", sagt Schäuble. Man soll also Vertrauen haben.
Ein Hebel für Europa
Die 10 Milliarden Euro aus Deutschland versteht Schäuble als einen Teil des 300-Milliarden-Euro-Programms der EU-Kommission sein. Das klingt nach einem dürftigen Beitrag vom größten Mitgliedsstaat. Schäuble schafft hier nun mehr Klarheit, als es Juncker bislang gelungen ist: Ziel sei es immer gewesen, "gemeinsam in den kommenden Jahren zusätzliche Investitionen in Höhe von 300 Milliarden in Europa zu mobilisieren", sagt er. Die 10 Milliarden Euro sind also nicht nur Teil der 300 Milliarden, sie können auch noch gehebelt werden, ein Ausdruck, den Schäuble vermeidet. Es bedeutet, dass im Nachhinein auch solche Investitionen zusammengerechnet werden, die nicht der Staat selbst bezahlt hat, sondern die von seinem Geld ausgelöst wurden.
Auf europäischer Ebene ist für diesen Hebel die Europäische Investitionsbank zuständig. Sie vergibt Kredite an Unternehmen und verpflichtet diese Unternehmen gleichzeitig, ein Vielfaches des Kredits zu investieren. So lässt sich eine Zahl von 300 Milliarden erreichen, ohne dass dieses Geld irgendwo fehlen würde. Ob sich aber genug Unternehmen finden, die dabei mitmachen, und ob sich auf diese Art wirklich ein Schlusspunkt unter die Eurokrise setzen lässt, kann heute niemand mit Gewissheit sagen. Man soll also wieder Vertrauen haben.
Quelle: ntv.de