Politik

SPD-Parteitag in Berlin Schröders Rückkehr

c891329a975c24f0481be98f8be27cbb.jpg

Gerhard Schröder hat ein schwieriges Verhältnis zu seiner Partei. Beim Parteitag in Berlin hält der Altkanzler zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder eine Rede. Der erste Schritt zur Versöhnung?

Alles beginnt mit einer Zeitreise. Wer an diesem Donnerstagmorgen um kurz vor 12 Uhr in den Plenarsaal im Berliner City Cube kommt, der könnte denken, er sei in den 90ern gelandet. Auf dem Podium steht Gerhard Schröder. Der Altkanzler redet und die Delegierten im Berliner City Cube lauschen andächtig. Ausgerechnet Schröder ist der erste richtige Redner des Parteitags, bei dem in diesen Tagen 600 Delegierte zusammenkommen.

Der Altkanzler hat eine ganz besondere Aufgabe: Er hält einen Nachruf auf "drei große Sozialdemokraten", die in diesem Jahr verstorben sind: Egon Bahr, Günter Grass und Helmut Schmidt. "Sie haben eine Demokratie mitgeformt, auf die wir stolz sein dürfen. Unser Land", lobt Schröder. Ihm sei es "eine besondere Ehre", die drei zu würdigen, die er mehr als 40 Jahre kannte und denen er freundschaftlich verbunden gewesen sei. Zur Tagespolitik, über Russland und die Ukraine oder die Flüchtlingskrise, sagt Schröder nichts. Sein Vortrag ist ein Rückblick auf die großen Zeiten der Sozialdemokratie. Als Schmidt und Bahr Politik machten, fuhr die SPD bei Bundestagswahlen noch Ergebnisse über 40 Prozent ein. Davon können die Genossen heute nur träumen.

Schwierig war sein Verhältnis zur Partei immer schon. Seit Schröder Kanzleramt und Bundestag den Rücken zugekehrt hat, ist das Verhältnis nicht einfacher geworden. Vielen Genossen ist Schröders Verbundenheit mit Wladimir Putin zu eng. Dass der Altkanzler inmitten der Ukraine-Krise und auch nach der Krim-Annexion den russischen Präsidenten mehrfach öffentlich verteidigte und sogar mit ihm Geburtstag feierte, hat einige verärgert.

Schröder wünscht sich mehr Anerkennung

Alles wieder gut? Gerhard Schröder umarmt Sigmar Gabriel.

Alles wieder gut? Gerhard Schröder umarmt Sigmar Gabriel.

(Foto: dpa)

Doch davon ist an diesem Tag wenig zu spüren. Die Delegierten begrüßen ihn zwar mit zaghaftem Applaus, als er um kurz nach 11 Uhr ein paar Schritte vor SPD-Chef Sigmar Gabriel den Saal betritt. Aber dass Schröder, der zum letzten Mal 2007 in Hamburg eine Rede auf einem Parteitag gehalten hat, hier auf der Bühne steht, ist nicht umstritten. Es sei, als käme da jemand nach Hause zurück, sagt einer, der sich auskennt in der Partei.

Schröder ist anzumerken, dass ihm dieser Auftritt etwas bedeutet. Die Gunst seiner Partei ist ihm wichtig. Bahr lobt er "als Glücksfall". Ohne seinen Einsatz hätten Ost und West nicht wieder zusammengefunden. Schmidt lobt er für dessen Führungskraft in schwierigen Zeiten. "Er war bereit, das Wohl des Landes über das Wohl der Partei zu stellen." Er habe Entscheidungen getroffen, die einsam machen. Damit beschreibt Schröder wohl auch sich selbst. Wofür er wohl eines Tages gelobt wird? Für seinen Mut zu den Hartz-Reformen, die er gegen den Widerstand in der eigenen Partei durchboxte? Für jene Reform, die unter Sozialdemokraten auch mehr als zehn Jahre später umstrittener ist als etwa in CDU und CSU? Vielleicht.

Doch dies ist an diesem Tag ohnehin kein Thema. Es geht vor allem um Schröders Vorvorgänger Schmidt. Nicht zu übersehen sind die Parallelen zwischen den Altkanzlern. Auch Schmidt hatte nach dem Ende seiner Kanzlerschaft kein einwandfreies Verhältnis zu seiner Partei. Erst Jahre später wurde er zur Legende. Nach Schmidts Tod ist Schröder der letzte lebende Altkanzler der SPD. Wenn es nach ihm ginge, dann dürfte das wohl eines Tages gern auch mit etwas mehr Anerkennung verbunden sein.

Vielleicht kann Schröders Auftritt dazu beitragen, dass sich der Altkanzler und seine Partei wieder annähern, dass ihr Verhältnis eines Tages wieder normal sein wird. Nach Schröders Rede stehen alle Delegierten auf und klatschen. Parteichef Gabriel umarmt Schröder. Fast könnte man meinen, alles sei wieder gut.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen