"Das war jetzt kein Ultimatum" Seehofer drängt auf Einigung der Koalition
03.11.2015, 12:26 Uhr
(Foto: dpa)
Vor zwei wichtigen Terminen heute Nachmittag und am Donnerstag attackiert die Union die SPD - und versucht gleichzeitig, sich geschlossen zu präsentieren. Ein Satz aus der Unionsfraktion lässt aufhorchen: die deutsche Aufnahmekapazität sei begrenzt.
CSU-Chef Horst Seehofer mahnt nach dem ergebnislosen Spitzentreffen am Sonntag eine Verständigung der Koalition in der Asylpolitik an. Beim Treffen der Parteivorsitzenden an diesem Donnerstag sollten CDU, CSU und SPD versuchen, ihre Interessen zueinanderzubringen, sagte er. "Das war jetzt kein Ultimatum, das ist eine Selbstverpflichtung."
Dazu gehöre auch eine "rechtsstaatlich einwandfreie" Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, so der bayerische Ministerpräsident. "Ein Land muss schon noch entscheiden können bei bestimmten Personengruppen, wer einreisen darf und wer nicht." Nötig sei nun eine zügige Umsetzung der weiteren gemeinsamen Vorschläge der Union, zu denen etwa auch Beschränkungen beim Familiennachzug gehören.
Am Donnerstag trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auch mit den Ministerpräsidenten der Länder. Im Vorfeld dieser Treffen erhöht die Union den Druck auf den Koalitionspartner. "Ich weiß nicht, was die SPD da treibt", sagte Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich bei n-tv über die Haltung der Sozialdemokraten zu den von der Union geforderten Transiteinrichtungen.
Bei den Transiteinrichtungen gehe es darum, "dass wir an der Grenze wieder Recht und Ordnung herstellen. Dass wir diejenigen, die zu uns kommen wollen, überprüfen und diejenigen, die offensichtlich kein Recht haben, nach Deutschland zu kommen, auch gleich wieder zurückschicken". Warum die SPD sich gegen dieses Vorhaben sperre, "ist mir völlig unklar", so der CSU-Politiker.
"Aufnahmekapazität ist begrenzt"
Am heutigen Nachmittag wollen Merkel und Seehofer noch vor der Sitzung der Unionsfraktion gemeinsam vor die Presse treten - offenkundig, um Einigkeit zu demonstrieren. Seehofer nimmt als Gast an der Fraktionssitzung teil. Auch Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer attackierte die SPD. Diese müsse in der Debatte über Transitzonen verbal abrüsten. Wenn SPD-Chef Sigmar Gabriel solche Einrichtungen mit dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo vergleiche oder SPD-Vize Ralf Stegner von Haftanstalten rede, sei dies nicht hilfreich, sagte der CDU-Politiker.
Mit einem beiläufigen Satz schien Grosse-Brömer sich von der bisherigen Haltung der Kanzlerin abzusetzen: "Ich glaube, dass die Aufnahmekapazität in Deutschland begrenzt ist", sagte er. Das sei "allgemeine Auffassung". Zugleich wies Grosse-Brömer darauf hin, dass im gemeinsamen Unions-Papier vom Wochenende nicht von Obergrenzen für die Aufnahme die Rede sei.
Die Fraktionssitzung wird mit Spannung erwartet, weil es beim jüngsten Treffen der 310 Abgeordneten von CDU und CSU ungewöhnlich turbulent zugegangen war. Viele Abgeordnete fordern von Merkel, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge schnell und drastisch zu senken - Merkel sagt, dass dies nicht möglich sei. In der CDU-Spitze und im Kanzleramt wird argumentiert, dass die Staaten auf der Balkanroute massiv destabilisiert würden, wenn Deutschland und dann auch Österreich die Flüchtlinge zurückweisen würden.
"Transitzonen für SPD ein No-Go"
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft warf Seehofer unterdessen parteitaktische Manöver vor. Seehofer habe mehrere Ideen in die Welt gesetzt, die nicht realisierbar seien, sagte die SPD-Politikerin. Hintergrund sei, dass er Ende des Monats auf einem Parteitag als CSU-Vorsitzender wiedergewählt werden wolle. Das Elend der Flüchtlinge eigne sich aber nicht für parteipolitische Profilierung.
Kraft bekräftigte die Ablehnung ihrer Partei gegen Transitzonen. Zentren "mit haftähnlichem Charakter" seien "für Sozialdemokraten ein No-Go".
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts