
Keine Kundgebung, keine großen Reden: Mit einem Tweet will Hillary Clinton am Sonntag verkünden, dass sie Präsidentin der USA werden will. Und warum.
Seit mehr als zwei Jahren bekleidet Hillary Clinton kein politisches Amt mehr. Seither warten die USA und der Rest der Welt darauf, dass sie es endlich sagt: Ich will Präsidentin der Vereinigten Staaten werden. Bislang hat sie diesen Satz vermieden, ist ausgewichen, hat erklärt, dass sie die Frage zu gegebener Zeit beantworten will.

Auf der Bühne kann Hillary Clinton charmant und humorvoll sein. Trotzdem gilt sie als abgehoben.
(Foto: AP)
Am Sonntag soll es endlich so weit sein. Um 12 Uhr mittags Ostküstenzeit (18 Uhr MESZ) will die ehemalige US-Außenministerin sich offenbaren. Sie wird es nicht so groß machen wie unlängst die republikanischen Senatoren Ted Cruz und Rand Paul, die ihre Kandidaturen jeweils vor einer Schar jubelnder Anhänger verkündeten. Und obwohl Clinton die erste Frau an der Spitze der Vereinigten Staaten wäre, wird sie es auch nicht so bedeutungsschwer machen wie Barack Obama, der sich 2007 auf demselben Platz zum Kandidaten ausrief, auf dem Abraham Lincoln 149 Jahre zuvor die Abschaffung der Sklaverei gefordert hatte.
Hillary Clinton, so erfuhr der "Guardian" aus ihrem Umfeld, will lediglich einen Tweet absetzen, dazu ein Video und eine Mail. Auch CNN berichtet von einem Video, das geplant sei. Danach will Clinton ein paar Telefonkonferenzen mit ihren Wahlkampfmanagern in wichtigen Bundesstaaten abhalten. Bereits am Sonntag startet ihr Wahlkampf in Iowa.
Klein und bescheiden
Der kleine Bundesstaat hat eine besondere Bedeutung: Anfang Januar ist Iowa Schauplatz der ersten Vorwahlen der Demokraten. Denn um überhaupt die Endrunde am 8. November 2016 zu erreichen, muss Clinton eine monatelange Abfolge von Vorwahlen überstehen. An den sogenannten "Caucus" von 2008 in Iowa dürfte sie keine guten Erinnerungen haben: Damals kam sie nur auf den dritten Platz.
Bislang hat noch kein Demokrat seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen offiziell erklärt. Ex-Senator Jim Webb teilte im vergangenen November mit, er habe einen Sondierungsausschuss gebildet, um eine mögliche Bewerbung zu prüfen. Auch der frühere Gouverneur von Maryland, Martin O'Malley, hat angekündigt, eine Kandidatur zu erwägen. Beide stehen politisch links von Clinton. Bei den Republikanern wird nach Ted Cruz und Rand Paul an diesem Montag Senator Marco Rubio seine Bewerbung verkünden. Eine Erklärung von Jeb Bush wird ebenfalls in Kürze erwartet.
Der Wahlkampf in Iowa und den anderen Staaten, in denen die ersten Vorwahlen stattfinden, soll für Clinton vor allem eines sein: klein und bescheiden. Sie wolle in Iowa, New Hampshire, South Carolina und Nevada keine großen Reden halten, so die "Washington Post", sondern Wähler direkt ansprechen, in Cafés und in Wohnzimmern. Nicht nur Hillary, der gesamte Clinton-Clan hat in den USA zwar viele Fans, gilt aber auch als ziemlich abgehoben. Geschadet hat Clinton bei ihrem ersten Anlauf, dass die Wähler 2008 den Eindruck hatten, sie halte sich für die natürliche Kandidatin der Demokraten. Mit einem unprätentiösen Start will Clinton nun zeigen, dass sie diesen Fehler nicht wiederholen wird.
Genau diesen Rat hat Bill Clinton seiner Frau offenbar auch gegeben. "Ich glaube, es ist wichtig, und Hillary glaubt das auch, dass sie den Wahlkampf führt, als hätte sie nie für irgendein Amt kandidiert, dass sie ihre Beziehung zu den Wählern neu aufbaut", sagte der Ex-Präsident dem Hochglanzmagazin "Town & Country". Bill will sich aus dem Vorwahlkampf deshalb heraushalten. Bis kurz vor der eigentlichen Präsidentschaftswahl werde seine eigene Rolle die eines Beraters sein.
"Tausend Dinge können passieren"
Unklar ist noch, was die besondere Botschaft sein soll, mit der Clinton im Wahlkampf bestehen will. Der Verweis auf ihren Einsatz für Frauenrechte und Obamas Erfolge beim Abbau der Arbeitslosigkeit werden allein kaum reichen. Vermutlich wird Clinton sich darauf konzentrieren, dass die "middle class" gestärkt werden muss - mit dieser Botschaft hat es Senatorin Elizabeth Warren, die noch immer nicht Präsidentin werden will, bei den Demokraten zu großer Beliebtheit gebracht.
Dass sich an der zentralen Botschaft Erfolg und Misserfolg entscheiden, weiß Clinton natürlich. Ein Kandidat müsse weniger die Fragen "Willst du Präsident werden?" oder "Kannst du gewinnen?" beantworten, sondern vielmehr "Was ist deine Vision für Amerika?" und "Kannst du uns dorthin führen?", schrieb sie in ihrem Buch mit dem vielsagendenden Titel "Entscheidungen". Diese Fragen wird sie am Sonntag beantworten müssen.
Auch mit einer guten Botschaft im Gepäck kann Clinton keinesfalls sicher sein, das Weiße Haus zu erobern. Zum Zeitpunkt der Wahl wird sie 68 Jahre alt sein, außerdem hat sie mit der E-Mail-Affäre zu kämpfen, die auf den ersten Blick albern wirken mag, die aber das Zeug hat, die frühere Außenministerin als Sicherheitsrisiko darzustellen. Dazu kommt: Seit dem Zweiten Weltkrieg haben es erst zwei Präsidenten ins Weiße Haus geschafft, die derselben Partei angehörten wie ihr Vorgänger. Das weiß auch Bill Clinton. "Es ist für jede Partei schwer, das Weiße Haus für zwölf Jahre zu behalten, und es ist noch ein weiter Weg. Tausend Dinge können passieren."
Quelle: ntv.de