Putin-Treffen ohne Außenminister Steinmeier allein zu Haus
06.02.2015, 17:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Als deutscher Chefdiplomat verhandelte Frank-Walter Steinmeier unzählige Male mit Moskau und Kiew. Jetzt trifft sich Bundeskanzlerin Merkel in dringender Mission mit Russlands Präsident Putin. Steinmeier ist nicht dabei.
Gemurmel, dann plötzlich Applaus im Weltsaal des Auswärtigen Amts. Frank-Walter Steinmeier ist da. Der Außenminister und Hausherr lacht sein breites Steinmeier-Lachen. Als der 59-Jährige wenig später auf dem Podium steht, wird er von der "Entfremdung zwischen den Völkern" sprechen, von der "Gefahr, dass der Konflikt noch weiter eskaliert". Es geht, natürlich, um die Krise in der Ukraine. Kein anderer deutscher Politiker war seit Anfang 2014 so viel unterwegs in Sachen Ukraine wie er. Keiner reiste so oft nach Kiew und Moskau, sprach mit der ukrainischen Regierung und mit Russlands Präsident Wladimir Putin oder Außenminister Sergej Lawrow.
Steinmeier rieb sich auf, bislang ohne Erfolg. "Enttäuschungen sind erlaubt, aufgeben nicht", sagt er. Die Stunde der Diplomaten war bisher auch immer die von Steinmeier. Bis jetzt. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Francois Hollande ist Angela Merkel seit gestern unterwegs auf Friedensmission in Kiew und Moskau. Es ist so etwas wie der letzte Versuch, den Konflikt zu beenden. Die Kanzlerin hat die Außenpolitik zur Chefsache erklärt. Während Merkel und Hollande versuchen, die Welt zu retten, steht Steinmeier in Berlin und spricht vor einer Konferenz zum Thema "Ein Jahr nach dem Maidan". Der Platz in der zweiten Reihe: Er ist ungewohnt.
Nach seiner Rückkehr ins Außenministerium Ende 2013 füllte er das Amt wieder etwas mit dem Glanz früherer Tage. In der Zeit des FDP-Politikers Guido Westerwelle schien es, als habe der Posten an Relevanz verloren. Die Kanzlerin übernahm die wichtigen Teile der Außenpolitik, auch der Finanzminister mischte sich zunehmend in internationale Angelegenheiten ein. Für den Außenminister blieb nicht viel. Er wurde, so spotteten viele hinter vorgehaltener Hand, zu einer Art Grüßonkel.
"Vertrauen kann neu wachsen"
Wie sich das anfühlt, mag Steinmeier an diesem Freitag spüren. Während Merkel und Hollande in Moskau versuchen, Putin zum Einlenken zu bewegen, bleiben Steinmeier nur warme unverbindliche Worte. "Vertrauen kann neu wachsen, wo es abhanden gekommen ist", sagt er. Nur selten bricht Steinmeier aus den diplomatischen Floskeln aus. Er berichtet von Gesprächen mit russischen Studenten in Jekaterinburg. "Was denkt ihr Menschen in Deutschland eigentlich, und wie sprecht ihr über uns?", hätten sie ihn gefragt.
Mit ernster Stimme spricht Steinmeier über die "vielfältigen Versuche, den Konflikt zu beenden". Von den Enttäuschungen und davon, dass es keine Selbstverständlichkeit sei, "danach wieder hinzugehen und einen neuen Anfang zu suchen". Es ist völlig klar: Er, der große Anhänger der Brandtschen Entspannungspolitik, spricht von seinen Erfahrungen in den vergangenen Monaten.
Dass der Minister das Scheitern vor allem auf russischer Seite sieht, mag er dabei kaum verbergen. Mit der Annexion der Krim habe Russland die europäische Friedensordnung infrage gestellt. "Da versucht jemand, sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Grenzen von Europa zu verschieben. Das dürfen wir nicht akzeptieren, so dürfen wir in Europa nicht miteinander umgehen", mahnt er. Dass Menschen in Russland "als verdächtig und feindselig stigmatisiert werden, nur weil sie ihre Meinung äußern und mit europäischen Partnern zusammenarbeiten" erfüllt ihn mit Sorge.
Der Außenminister allein in Berlin: Nur einmal streift Außenminister das Thema. "Während wir hier sind, finden wieder neue Bemühungen statt", sagt er. "Es ist der Versuch, Russland davon zu überzeugen, dass dort niemand einen Vorteil haben wird durch eine Verstetigung des Konfliktes." Vielleicht ist dieser Frank-Walter Steinmeier in diesem Moment auch mal ganz froh, dass er nicht dabei sein muss in Moskau. Er musste schließlich schon oft erleben, wie zwecklos es war.
Quelle: ntv.de