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CSU wird gegen Gesetz klagen Steinmeier macht Weg zu umstrittener Wahlrechtsreform frei

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Hat den Weg für die umstrittene Wahrechtsreform frei gemacht: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Hat den Weg für die umstrittene Wahrechtsreform frei gemacht: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

(Foto: Tom Weller/dpa)

Es gibt wohl kaum ein Thema in Berlin, das derzeit so umstritten ist wie das Wahlrecht. Jetzt hat Bundespräsident Steinmeier das Gesetz zu dessen umstrittener Reform unterzeichnet. Doch klar ist bereits: Dies wird nicht das Ende der Auseinandersetzung sein.

Die umstrittene Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags kann in Kraft treten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Gesetz hierzu unterzeichnet, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Da der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nach dem Grundgesetz frei sei, habe Steinmeier keinen verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt für die Überprüfung des neuen Rechts gehabt, hieß es. Das Gesetz muss nun nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Es steht allerdings bereits fest, dass es vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden wird.

Die CSU-geführte Landesregierung Bayerns hat schon beschlossen, in Karlsruhe zu klagen. Und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will mit einer abstrakten Normenkontrollklage die Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. Die Union, aber auch die Linke fühlt sich durch die Reform benachteiligt und hält diese für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Das Gesetz war im März mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne, FDP und einiger AfD-Abgeordneter vom Bundestag beschlossen worden. Im Mai passierte es den Bundesrat. Anschließend wurde es im Bundespräsidialamt der üblichen juristischen Prüfung unterzogen.

Keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr

Mit 736 Abgeordneten ist der Bundestag das größte frei gewählte Parlament der Welt. Das neue Wahlrecht deckelt die Zahl der Sitze bei 630. Gewählt wird weiter mit Erst- und Zweitstimme. Es gibt aber keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Für die Stärke einer Partei im Parlament ist allein ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend. Überhangmandate entstanden bisher, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag gewann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Diese durfte sie behalten. Die anderen Parteien erhielten dafür Ausgleichsmandate. Dieses System führte zu einer immer größeren Aufblähung des Bundestags.

Auch die Grundmandatsklausel fällt jetzt weg. Nach ihr zogen Parteien bisher auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Jede Partei, die in den Bundestag will, muss künftig bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen bekommen. Mit einer kleinen Ausnahme: Parteien nationaler Minderheiten bleiben davon befreit.

CSU und Linke sind erzürnt - und betroffen

Künftig wird jede Partei nur noch so viele Mandate erhalten, wie ihr nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustehen - auch dann, wenn sie mehr Direktmandate holt. Dann gehen die Wahlkreisgewinner mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis leer aus. Dies wird vor allem von der CDU und der CSU kritisiert. Dass die Grundmandatsklausel wegfällt, erzürnt neben der CSU auch die Linke.

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Hätte die CSU bei der Bundestagswahl 2021 nicht bundesweit 5,2 Prozent geholt, sondern nur 4,9 wie die Linke, wäre nach dem neuen Wahlrecht keiner ihrer 45 erfolgreichen Direktkandidaten in den Bundestag gekommen. Die Linke, die von der Grundmandatsklausel profitierte, wäre ebenfalls draußen. Beide Parteien sehen darin eine grobe Missachtung des Wählerwillens.

Die Linke hatte an Steinmeier appelliert, das Gesetz nicht auszufertigen. Vergeblich. Der Bundespräsident überprüft vor der Unterzeichnung in jedem Fall, ob ein Gesetz nach den Regeln des Grundgesetzes zustande gekommen ist. Er hat nach allgemeiner Auffassung aber auch ein materielles Prüfungsrecht und kann die Unterzeichnung verweigern, wenn er der Auffassung ist, dass ein Gesetz inhaltlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dies geschah in der Geschichte der Bundesrepublik bislang achtmal. Die beiden letzten Fälle gab es 2006, als Bundespräsident Horst Köhler erst das Gesetz zur Privatisierung der Luftraumüberwachung und später das Verbraucherschutzgesetz nicht unterzeichnete.

Quelle: ntv.de, tno/dpa

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