Politik

Ermittlungen gegen AfD-Politiker Steinmeier verurteilt Poggenburg-Rede

Poggenburg bei einem Auftritt Anfang des Monats in Hoyerswerda.

Poggenburg bei einem Auftritt Anfang des Monats in Hoyerswerda.

(Foto: dpa)

Von Maßlosigkeit in der Sprache und Hass in der Haltung spricht Bundespräsident Steinmeier. Er meint eine Rede des AfD-Politikers Poggenburg. Einige von dessen Äußerungen über Türken in Deutschland beschäftigen nun auch die Justiz.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg wegen der Herabwürdigung des Verbandes Türkischer Gemeinden in Deutschland kritisiert. "Was ich sehe ist, dass es Politiker gibt, die Maßlosigkeit in der Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen", sagte Steinmeier in Halle. "Und ich hoffe nur, dass sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht vor diesen Karren spannen lassen." Er hoffe, dass sich Politiker in Parlamenten und Regierungen "ihres Vorbildcharakters bewusst sind und sich entsprechend verhalten", sagte der Bundespräsident.

Poggenburgs Aussagen beschäftigen auch die Staatsanwaltschaft Dresden. Es sei ein sogenanntes Prüfverfahren gegen den AfD-Landeschef eingeleitet worden, sagte Sprecher Lorenz Haase. "Hintergrund ist eine Strafanzeige von einer Privatperson." Auch die Türkische Gemeinde hatte eine Anzeige wegen Volksverhetzung angekündigt.

Bei dem Prüfverfahren handelt es sich um Vorermittlungen gegen Beschuldigte, die wie Poggenburg parlamentarische Immunität genießen. Dabei wird die strafrechtliche Relevanz der vorgeworfenen Tat geprüft. Erst wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden soll, muss der Landtag informiert werden.

Poggenburg hatte die Türken in Deutschland bei einer Aschermittwochsveranstaltung in Sachsen unter anderem als "Kümmelhändler" und "Kameltreiber" verunglimpft, die in Deutschland "nichts zu suchen und nichts zu melden" hätten. Im Hinblick auf die doppelte Staatsbürgerschaft meinte er, dass diese nicht anderes hervorbringen könne "als heimat- und vaterlandsloses Gesindel, das wir hier nicht länger haben wollen".

Äußerungen "schüren vorsätzlich Hass"

Für Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU zeigt die AfD mit der Poggenburg-Rede ihr "wirkliches Gesicht". "Das, was dort gesprochen wurde, war unanständig und beleidigend." Sein Magdeburger Kollege Reiner Haseloff nannte die Äußerungen indiskutabel. "Sie schüren vorsätzlich Hass in Deutschland. Damit disqualifiziert sich die AfD für den demokratischen Diskurs", sagte der CDU-Politiker.

Justizminister Heiko Maas von der SPD sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Abstammung diskriminiert, muss sich vorhalten lassen ein Rassist zu sein." Der Linksfraktionschef im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, zog Vergleiche zum Nationalsozialismus. "Mit diesem Exzess an Hetze nähert sich die AfD auf sächsischem Boden der Sportpalastrede von NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels an." Die Beleidigungen seien "unentschuldbar und eine Schande für ein zivilisiertes Land".

"Viele Funktionäre und Amtsträger in der AfD sind Rechtsradikale oder stehen rechtsradikalem Gedankengut nahe", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, "Faz.net". Dies reiche nach seiner Auffassung aus, um eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz zu prüfen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz von der SPD, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die AfD hat das deutsche Brauchtum des politischen Aschermittwochs nicht verstanden." Poggenburgs Rede beschäftige sich nicht mit dem politischen Gegner, sondern ziele darauf ab, Teile der Bevölkerung zu beschimpfen.

"Das ist Dummheit"

Poggenburg selbst rechtfertigte seine Äußerungen als den politischen Aschermittwochs-Reden angemessen. Er habe "heftig ausgeteilt" sowie "hart und grob formuliert". Dass dies am politischen Aschermittwoch geschehe, sei "allgemeiner gesellschaftlicher Konsens", sagte er.

So argumentierte auch AfD-Chef Jörg Meuthen, der allerdings die beleidigenden Formulierungen Poggenburgs kritisierte. "Am Aschermittwoch geht es bekanntermaßen gerne mal verbal auch etwas derber zu", sagt Meuthen. Allerdings gehe die Wortwahl Poggenburgs "dessen ungeachtet deutlich zu weit und hätte nicht vorkommen sollen".

Das AfD-Bundesvorstandsmitglied Steffen Königer war kritischer. Er sagte: "Beim politischen Aschermittwoch ist es normal, dass man sich deftig äußert. Aber das ist nicht deftig, das ist Dummheit." Pauschalurteile über bestimmte Volksgruppen seien immer falsch, fügte der Beisitzer aus Brandenburg hinzu. "Es gibt sehr viele top-integrierte Türken, davon haben wir auch welche in der Partei." Er hoffe, dass sich der Bundesvorstand in seiner Sitzung an diesem Freitag mit dem Fall Poggenburg befassen werde. "Man kann dem so etwas nicht durchgehen lassen", fügte Königer hinzu.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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