Völkermord an den Armeniern Türkei gedenkt "Opfern der Deportation"
20.04.2015, 21:21 Uhr
Blick auf die Genozid-Gedenkstätte in Eriwan (Armenien)
(Foto: dpa)
Kanzlerin Merkel setzt das Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren einem Völkermord gleich und geht damit auf Konfrontation zur Türkei. Dort will die Regierung an diesem Freitag jenen Opfern gedenken, die bei der "Deportation 1915 ihr Leben ließen".
Im Streit um die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren geht die Türkei einen Schritt auf die Nachfahren zu. Der osmanischen Armenier werde am kommenden Freitag mit einer religiösen Zeremonie im Armenischen Patriarchat in Istanbul gedacht werden, hieß es in einer Mitteilung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. "Mit Respekt gedenken wir ein weiteres Mal der osmanischen Armenier, die bei den Deportationen 1915 ihr Leben verloren, wir teilen den Schmerz ihrer Kinder und Enkel."
Die Türkei wehrt sich dagegen, die Massaker einen Völkermord zu nennen, wie es nun auch der Bundestag tut. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Bundesregierung stehe hinter einem Resolutionsentwurf der Koalitionsfraktionen zum Gedenken an den Massenmord an Armeniern Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Dort werde festgehalten, "dass das Schicksal der Armenier im Ersten Weltkrieg beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibung, ja der Völkermorde im 20. Jahrhundert steht", sagte Seibert.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte den Begriff Völkermord noch am Sonntagnachmittag angesichts von Warnungen der türkischen Regierung umgangen. "Verantwortung heißt eben, Verantwortlichkeit nicht auf einen einzigen Begriff zu reduzieren", hatte er in der ARD auf die Frage geantwortet, ob es sich bei den Massakern um Völkermord gehandelt habe.
Erdogan kritisiert den Papst
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich die Wertung des Massakers als Völkermord verbeten. "Wir werden es nicht zulassen, dass historische Vorfälle aus ihrem Zusammenhang gerissen werden und als Instrument für Kampagnen gegen unser Land verwendet werden", hatte er vergangenen Dienstag zu einer Rede von Papst Franziskus erklärt. "Ich verurteile den Papst und möchte ihn warnen, ähnliche Fehler nicht wieder zu begehen." Der Papst hatte vom "ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" gesprochen.
Die Türkei räumt lediglich ein, dass bei Massakern und Deportationen 1915 und 1916 armenische Christen durch osmanische Truppen getötet wurden. Sie bestreitet aber, dass es Hunderttausende waren und dass es ein Völkermord gewesen sei. Seibert betonte, in dem Antragswurf werde auch darauf hingewiesen, dass sich Deutschland der Einzigartigkeit des Holocaust bewusst sei, für den es Schuld und Verantwortung trage.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts