Streit um "Mavi Marmara" beigelegt Türkei und Israel versöhnen sich
27.06.2016, 10:12 Uhr
Angehörige von zehn Türken, die 2010 bei einem Einsatz der israelischen Marine auf der "Mavi Marmara" getötet worden waren, sollen mit rund 20 Millionen US-Dollar entschädigt werden.
(Foto: REUTERS)
Vor sechs Jahren stürmte die israelische Marine die "Mavi Marmara". Seitdem herrscht Streit zwischen Israel und der Türkei. Nun ist der Durchbruch gelungen: Beide Seiten einigen sich auf eine Versöhnung. Dennoch bleiben einige Fragen offen.
Die Türkei und Israel haben sich nach jahrelanger Eiszeit auf eine Normalisierung ihrer Beziehungen geeinigt. Das bestätigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. "Ich glaube, dass es ein wichtiger Schritt ist, die Beziehungen zu normalisieren", sagte der Ministerpräsident. Die Einigung werde "enorme Konsequenzen für die israelische Wirtschaft haben." In Ankara ließ die türkische Regierung als "diplomatischen Sieg für die Türkei" darstellen. "Die Türkei wird den Palästinenserstaat und das palästinensische Volk weiterhin unterstützen."
Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe die Vereinbarung am Sonntagabend in einem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan begrüßt, hieß es weiter aus Ankara. Auch die radikal-islamische Hamas habe bei den Verhandlungen ihre Unterstützung für die Türkei zum Ausdruck gebracht.

Bei der Rückkehr nach Istanbul wird die Besatzung der "Mavi Marmara" am 26. Dezember 2010 gefeiert.
(Foto: REUTERS)
In Rom hatten sich am Sonntag Delegationen beider Seiten getroffen, um letzte Details auszuarbeiten. Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, Angehörige von zehn Türken, die 2010 bei einem Einsatz der israelischen Marine auf der "Mavi Marmara" getötet worden waren, sollten mit rund 20 Millionen Dollar entschädigt werden. Damit seien alle Klagen gegen Israel hinfällig. Der türkische Regierungsvertreter bestätigte, dass man sich auf eine Kompensation im Fall der "Mavi Marmara" geeinigt habe.
Israelische Soldaten hatten das unter der Flagge des Inselstaates Komoren fahrende Schiff aus der Türkei vor dem Gazastreifen geentert. Pro-palästinensische Aktivisten hatten trotz Warnungen versucht, mit dem Hilfsschiff eine von Israel verhängte Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, beide Staaten wollten wieder Botschafter austauschen.
Streit um Gaza-Blockade
Israelische Medien berichteten, die Türkei sei von ihrer Forderung nach einer Aufhebung der seit zehn Jahren andauernden Blockade des Gazastreifens abgerückt. Der türkische Regierungsvertreter teilte mit, nach der Vereinbarung werde die Türkei humanitäre Hilfsgüter und andere nichtmilitärische Güter nach Gaza schicken. Außerdem werde die Türkei dort in die Infrastruktur investieren und ein Krankenhaus fertigbauen. Zudem werde die Türkei die Energie- und Wasserkrise in Gaza angehen.
Die Türkei unterhält enge Beziehungen zur radikal-islamischen Hamas, die 2007 die Macht im Gazastreifen an sich gerissen hatte. Teil des Abkommens mit Israel sei es, dass die Hamas von türkischem Boden aus keine Angriffe auf den jüdischen Staat ausführen könne, schrieb die Zeitung "Haaretz". Aus der türkischen Regierung hieß es dagegen: "Zur Hamas gibt es in der Vereinbarungen überhaupt keine Bezüge."
Der türkische Präsident Erdogan erklärte sich israelischen Angaben zufolge bereit, in einem gesonderten Dokument die Frage von zwei israelischen Soldaten festzuhalten, die im Gazastreifen vermisst werden. Er habe alle türkischen Sicherheitsbehörden angewiesen, sich für eine Lösung einzusetzen. Die Eltern der Soldaten hatten gefordert, die Rückführung der Leichen zu einem Teil des Abkommens zu machen. Netanjahu war am Sonntag nach Rom gereist und hatte dort den US-Außenminister John Kerry getroffen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa