EuGH setzt hohe Hürden US-Deserteur hat kaum Chancen auf Asyl
26.02.2015, 16:41 Uhr
Andre Shepherd droht in den USA eine Gefängnisstrafe.
(Foto: imago stock&people)
Europas oberste Richter sprechen ausländischen Soldaten ein weitreichendes Asylrecht zu, etwa wenn ihr Einsatz zu Kriegsverbrechen führen könnte. Dem vor dem Irakkrieg geflohenen GI Andre Shepherd muss Deutschland dennoch wohl kein Asyl gewähren.
Der US-Deserteur Andre Shepherd hat nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) kaum Chancen, in Deutschland politisches Asyl zu bekommen. Der in Deutschland stationierte amerikanische Soldat habe vor seiner Desertion im April 2007 nicht versucht, den Kriegsdienst zu verweigern, bemängelte der Gerichtshof in seinem Urteil. Dies schließe jeden Schutz nach der europäischen Flüchtlingsrichtlinie aus, falls Shepherd nicht beweisen könne, dass ihm kein Verfahren zur Kriegsdienstverweigerung zur Verfügung gestanden habe.
Auch die Sheperd in den USA drohende Haftstrafe sei nicht als unverhältnismäßig oder diskriminierend zu bewerten, stellte das Gericht fest, da die USA ein legitimes Recht zum Unterhalt von Streitkräften hätten. Die Entscheidung über Sheperds Asylantrag liegt nun bei den deutschen Gerichten, die seinen Fall im Lichte der Rechtsauslegung des EuGH erneut prüfen müssen.
Sheperd hatte im August 2008 Asyl in Deutschland beantragt, weil ihm wegen seiner Desertion in den USA Strafverfolgung und soziale Ächtung drohten. Seine in Deutschland stationierte Einheit hatte er bereits im April 2007 verlassen, nachdem er seinen zweiten Marschbefehl für den Irak erhalten hatte.
Soldaten grundsätzlich asylberechtigt
Seinen Asylantrag begründete Sheperd damit, dass er sich nicht mehr an einem rechtswidrigen Krieg und Kriegsverbrechen beteiligen wolle. Von September 2004 bis Februar 2005 war er im Irak im Einsatz gewesen, hatte dabei jedoch als Hubschrauber-Mechaniker weder an Militäroperationen noch an Kampfhandlungen unmittelbar teilgenommen. Nach der Rückkehr verlängerte er seine Dienstzeit.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte Sheperds Asylantrag abgelehnt. Der US-Bürger wandte sich daraufhin an das Bayerische Verwaltungsgericht in München, das die Luxemburger Richter um eine Auslegung der europäischen Flüchtlingsrichtlinie bat.
Der EuGH klärte nun rechtliche Grundsatzfragen. In dem Urteil stellten die Richter zugunsten Sheperds fest, dass die Richtlinie nicht nur Kampftruppen, sondern auch Logistiker und andere nicht direkt an der Front eingesetzte Soldaten schütze. Auch müssten nicht zwingend bereits Kriegsverbrechen begangen worden sein. Es reiche aus, dass sie "mit hoher Wahrscheinlichkeit" begangen würden.
Strapaziertes Verhältnis zu den USA
Insgesamt spricht die Auslegung des EuGH dennoch gegen ein Asyl für Sheperd. So sei bei einem Militäreinsatz auf Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrates gewährleistet, dass dabei keine Kriegsverbrechen begangen würden. Dies gelte grundsätzlich auch für Einsätze, "über die ein internationaler Konsens besteht", urteilten die Richter. Die USA waren 2003 an der Spitze einer "Koalition der Willigen" aus zahlreichen Staaten in den Irak-Krieg gezogen.
Zudem nannte es der Gerichtshof wenig plausibel, dass Soldaten eines Staates zu Kriegsverbrechen veranlasst würden, der eben solche Verbrechen unter Strafe gestellt habe und dessen Gerichte diese auch ahndeten. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass Sheperd sich nicht nur 2003 freiwillig bei der Armee verpflichtete, als der Irak-Krieg bereits lief, sondern dass er seine Dienstzeit nach dem ersten Einsatz im Irak sogar noch verlängerte. Ein Asyl Sheperds in Deutschland würde das durch die NSA-Affäre ohnehin belastete Verhältnis zu den USA weiter strapazieren.
Quelle: ntv.de, mbo/rts/dpa