Politik

EU-Länder sehen Rechtsbruch Ungarn rechtfertigt Anti-LGBTIQ-Gesetz

Protest vor dem ungarischen Parlament: Das umstrittene Gesetz wurde vor einer Woche gebilligt.

Protest vor dem ungarischen Parlament: Das umstrittene Gesetz wurde vor einer Woche gebilligt.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Darstellungen, die von der heterosexuellen Norm abweichen, sind in Ungarn durch ein neues Gesetz stark zensiert. Andere europäische Staaten sehen darin einen Verstoß gegen die Werte der EU. Nun erklärt sich der ungarische Außenminister. Ob er damit seine Amtskollegen überzeugen kann, ist fraglich.

Die ungarische Regierung verteidigt ihr neues Gesetz zur Einschränkung der Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität gegen anhaltende Kritik aus dem Ausland. Das Gesetz lege lediglich fest, dass Eltern bis zum 18. Lebensjahr ihrer Kinder die exklusiven Rechte zur Erziehung hinsichtlich der sexuellen Orientierung hätten, sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto bei einem EU-Ministertreffen in Luxemburg.

Es könne nicht sein, dass ein Sohn gegen den Willen seines Vaters mit "Propaganda" konfrontiert werde. Zudem richte sich das Gesetz gegen Pädophile, sagte Szijjarto. Er frage sich, ob irgendeiner der Kritiker den Text überhaupt gelesen habe. Grundsätzlich sei die ungarische Regierung absolut offen für eine Debatte, betonte er.

Zensur von Literatur, Film und Werbung

Das am Dienstag vergangener Woche vom ungarischen Parlament gebilligte Gesetz sieht unter anderem ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern vor, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Darüber hinaus soll Werbung verboten werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen.

Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpräsident Viktor Orban, dem Kritiker eine minderheitenfeindliche und homophobe Politik vorwerfen. Nach Einschätzung von Ländern wie Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden sind die neuen ungarischen Regeln diskriminierend und stellen deswegen einen Verstoß gegen EU-Werte dar.

Fall für Europäischen Gerichtshof?

Deutschland fordert gemeinsam mit anderen EU-Ländern ein entschlossenes Vorgehen gegen das ungarische Gesetz. Die EU-Kommission müsse als "Hüterin der Verträge" alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Einhaltung von EU-Recht sicherzustellen, heißt es in einer Erklärung. Dazu gehöre auch, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Das ungarische Gesetz verletze das Recht auf Meinungsfreiheit und stelle eine deutliche Diskriminierung von Menschen dar, die lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, intersexuell oder queer (LGBTIQ) seien.

Europastaatsminister Michel Roth schrieb auf Twitter: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist der Wesenskern europäischer Identität. Immer und überall." Die Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen sei mit keinem Gesetz und keiner Tradition zu rechtfertigen.

Die Entscheidung des ungarischen Parlamentes für das Gesetz sei "eine große Beschwernis", sagte Roth bei dem Ministertreffen in Luxemburg. "Ein respektvoller Umgang mit Minderheiten, auch mit sexuellen Minderheiten, sollte völlig außer Zweifel sein." Auch Irlands Europastaatsminister Thomas Byrne schloss sich dem an. "Das ist falsch, was hier passiert", sagte er. Er sei "sehr besorgt".

Zuspruch für Erklärung

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Roth sagte die deutsche Beteiligung an der Erklärung bei einem EU-Ministertreffen in Luxemburg zu. Der Text war zuvor von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg initiiert worden. Am Ende schlossen sich neben Deutschland auch noch Frankreich, Spanien, Dänemark, Schweden, Finnland und Irland sowie die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen an.

Als Protest gegen den von vielen Kritikern als minderheitenfeindlich angesehen Kurs der ungarischen Regierung wollte die Stadt München das EM-Stadion beim morgigen Länderspiel gegen Deutschland in Regenbogenfarben leuchten lassen. Der Antrag wurde von der UEFA abgelehnt. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter kritisierte das Urteil als "beschämend". Die UEFA verbiete es, "ein Zeichen für Vielfalt, Toleranz, Respekt und Solidarität zu setzen", fügte er hinzu. Szijjarto hingegen begrüßte die Entscheidung vor ungarischen Journalisten: "Man hat entschieden, sich nicht für eine politische Provokation gegenüber Ungarn einspannen zu lassen."

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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