Sprengstoff für Beate Zschäpe V-Mann war schon DDR-Spitzel
23.09.2012, 15:45 Uhr
Thomas S. sitzt am 15.11.2004 als Angeklagter im Prozess um den Vertrieb der verbotenen rechtsradikalen Rockband "Landser" im Landgericht in Dresden.
(Foto: dpa)
Lange pflegt der frühere Berliner V-Mann Thomas S. beste Kontakte zum Zwickauer Terror-Trio. Nun gibt er sogar zu, Sprengstoff für die Rechtsextremisten besorgt zu haben, auch um Beate Zschäpe "zu imponieren". S. soll zudem bereits für die DDR gespitzelt haben. Unterdessen hat Berlins Innensenator Henkel erneut ein Problem.
Der Thomas S., der jahrelang in enger Verbindung zur Terrorzelle NSU stand, soll einem Zeitungsbericht zufolge bereits zu DDR-Zeiten ein Informant der Polizei gewesen sein. Das berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Dokumente der Stasi-Unterlagenbehörde. S. sei unter dem Decknamen "Frank Schwarz" Informant der Polizeiabteilung K 1 des Innenministeriums der DDR gewesen, die Verbrechen mit geheimdienstlichen Methoden bekämpfte, berichtete die Zeitung. Laut den zitierten Papieren berichtete er ab April 1986 über "negativ dekadente" Fankreise des damaligen Fußball-Oberligisten FC Karl-Marx-Stadt, zu denen er selbst gehört habe.
"Die Polizisten haben mich immer mal wieder aufgesucht. Dass sie mich als Informanten geführt haben, wusste ich nicht", sagte S. der "Welt am Sonntag". "Die haben ganz schön Druck gemacht. Man hatte gar keine andere Chance." Thomas S., der in früheren Jahren den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt haben soll, gehört zu den 13 Beschuldigten in dem Verfahren um die Morde der Gruppe.

Zschäpe hatte offenbar einige Bewunderer in der Szene.
(Foto: dpa)
Thomas S. gab außerdem zu, der späteren NSU Sprengstoff besorgt zu haben. Der Auftrag dazu sei von einem der drei, Uwe Mundlos, gekommen, sagte er weiter der Zeitung. "Ich habe das gemacht, um mir etwas zu beweisen - und sicherlich auch, um Beate zu imponieren." Mit Beate Zschäpe, der Frau aus dem Neonazi-Trio, war er nach eigener Schilderung 1996 kurzzeitig liiert.
Der V-Mann soll bereits 2002 Hinweise auf den Verbleib der Terrorgruppe geliefert haben, denen aber nicht nachgegangen wurde und die auch nicht an andere Sicherheitsbehörden weitergegeben wurden. In der Debatte um die Weitergabe von Informationen zum Neonazi-Trio entlastete er indes (CDU). Thomas S. sagte der "Welt am Sonntag", er gehe nicht davon aus, dass die Behörden damals durch seine Informationen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten festnehmen können. Henkel steht in der Kritik, weil seiner Behörde vorgeworfen wird, den Hinweisen damals nicht nachgegangen zu sein und jetzt die Unterlagen nicht zeitnah an den Untersuchungsausschuss des Bundestags weitergereicht zu haben.
Henkel unter Druck

Unter Druck: Berlins Innensenator Henkel.
(Foto: dapd)
Ein nun aufgetauchtes Papier könnte allerdings den Innensenator erneut in die Bredouille bringen. Nach Angaben des Magazins "Spiegel" belegt ein vertrauliches Schreiben des Berliner Staatsschutzchefs Oliver Stepien vom 3. April an die Bundesanwaltschaft vom Frühjahr 2012, dass die Berliner Polizei die Akten zu dem V-Mann Thomas S. selbst vorenthalten wollte. Henkel hatte bisher behauptet, dies sei wegen einer Absprache mit der Bundesanwaltschaft geschehen.
Laut "Spiegel" zeigt das Papier, dass die Berliner Sicherheitsbehörden den Karlsruher Ermittlern keine Unterlagen über Thomas S. übermitteln wollten. Als Grund führte Stepien demnach an, dass nach einer Übersendung an den Generalbundesanwalt auch eine Einsicht des Untersuchungsausschusses des Bundestags in die Akten nicht ausgeschlossen werden könne.
Grüne fordern Aufklärung
Der Innensenator müsse jetzt Klarheit schaffen, erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck am Sonntag. Sonst würden die Informationspannen "immer mehr zu einer Affäre Henkel".
Der Vorsitzende des Bundestagsuntersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, warf der Bundesregierung erneut zögerliche Zusammenarbeit vor. Dem Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Aufarbeitung müssten "handfeste Taten", sagte der SPD-Politiker der Tageszeitung "Welt". Das gelte auch für Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Die dem Ausschuss übermittelten Unterlagen aus der Bundeswehrzeit des einstigen NSU-Mitglieds Mundlos seien "ausgesprochen lückenhaft", sagte Edathy.
Die Bundesanwaltschaft wies derweil einen Bericht über mögliche Verbindungen zwischen der NSU und dem zurück. Gefundene DNA-Spuren könnten wegen der "wenigen Merkmalsübereinstimmungen" nicht eindeutig ein und derselben Person zugeordnet werden", teilte ein Sprecher der Karlsruher Behörde mit. Der "Spiegel" hatte berichtet, nach einer Schießerei Anfang Juli vor einem Clubhaus der "Bandidos" hätten Fahnder auf einer Patronenhülse ein DNA-Fragment entdeckt, das teilweise mit einem Fragment übereinstimme, das auf einer Diskette im letzten Versteck des Zwickauer Neonazi-Trios gefunden worden war.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa