Politik

Gesetzentwurf zur Suizidbeihilfe "Verbote schaffen Suizid nicht aus der Welt"

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(Foto: dpa)

Das Strafrecht sollte nicht missbraucht werden, um Menschen an ihrem Lebensende die Staatsanwaltschaft ans Sterbebett zu schicken, sagt der SPD-Innenexperte Lischka. Er will durchsetzen, dass Ärzte nicht bestraft werden, wenn sie Suizidbeihilfe leisten.

n-tv.de: Als Sie im vergangenen Oktober Ihr Eckpunktepapier vorgelegt haben, sagte Ihre Fraktionskollegin Carola Reimann, es gehe um "Selbstbestimmung bis zuletzt". Warum geben Sie die Suizidbeihilfe nicht vollständig frei?

Burkhard Lischka ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag.

Burkhard Lischka ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag.

(Foto: picture alliance / dpa)

Burkhard Lischka: Die Beihilfe zum Suizid steht in Deutschland nicht unter Strafe, lediglich für die Ärzte gibt es eine Rechtsunsicherheit. Am Strafrecht wollen wir nichts ändern. Wir denken, dass das Strafrecht nicht missbraucht werden sollte, um Menschen an ihrem Lebensende zu bevormunden und die Staatsanwälte an das Sterbebett zu schicken. Uns geht es darum, einen rechtssicheren Rahmen für die Ärzte zu schaffen.

Warum besteht da Handlungsbedarf?

Weil es wegen der unterschiedlichen Berufsordnungen der siebzehn Landesärztekammern einen rechtlichen Flickenteppich gibt. Zehn Landesärztekammern verbieten die Suizidbeihilfe ausdrücklich, die anderen haben keine oder liberale Regelungen. Diese Rechtsunsicherheit haben sich in den letzten Jahren zunehmend Sterbehilfevereine zunutze gemacht. Wenn wir eine vernünftige Regelung finden, entziehen wir diesen Vereinen weitestgehend ihre Geschäftsgrundlage. Niemand, der sich in einer existenziellen Notlage befindet, wird sich an einen Sterbehilfeverein wenden, wenn ein vertrauter Arzt ihm helfen darf, wenn Atemnot, Schmerzen und Leiden unerträglich werden.

Können Sie sich vorstellen, dass sich alte oder kranke Menschen genötigt fühlen, sich für den Suizid zu entscheiden, weil sie niemandem "zur Last fallen" wollen?

Wenn es so wäre, müssten sie sich heute schon genötigt fühlen, denn strafbar ist die Suizidbeihilfe ja nicht. Der Dammbruch, den manche befürchten, hätte demnach längst kommen müssen.

Die CDU-Abgeordneten Patrick Sensburg und Thomas Dörflinger fordern ein Totalverbot der Suizidbeihilfe. Verstehen Sie die Motive hinter diesem Vorstoß?

Nein. Die praktische Folge eines solchen Verbots wäre ja nicht, dass man den Suizid aus der Welt schafft, sondern dass man die Menschen, die sich in einer existenziellen Notlage befinden, auf die Bahngleise oder ins Ausland treibt.

Zehn Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen wollen die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellen. Was halten Sie von diesem Gesetzentwurf?

Ich habe großes Verständnis dafür, dass viele Kolleginnen und Kollegen ein Problem damit haben, wenn Laien ohne medizinische Ausbildung und ohne jegliche Kontrolle anderen beim Suizid helfen. Dieser Ansatz ist gut kombinierbar mit unserem Gesetzentwurf. Es ist ja nicht damit getan, die Vereine zu verbieten, man braucht eine rechtssichere Alternative.

Als Ihre Gruppe im Oktober Ihr Vorhaben vorstellte, waren Sie zu sechst. Haben sich mittlerweile weitere Abgeordnete angeschlossen?

Wir haben in dieser Woche angefangen, die Unterschriften für unseren Gruppenantrag zu sammeln. Gestern hat bei mir eine ganze Reihe von Kollegen unterschrieben.

Aus der Opposition ist keiner dabei?

Wir haben Kontakte aufgenommen, ich kann da aber noch keine Namen nennen. Aber das ist ein Antrag, der Unterstützung in allen Fraktionen findet. Viele Kolleginnen und Kollegen wünschen sich, dass es einen Schutz der ärztlichen Gewissensentscheidung gibt. Genau darauf zielt unser Antrag.

Mit Burkhard Lischka sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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