Steuerzahler haften für Atom-Aus Versorger sollen in Milliarden-Fonds zahlen
22.02.2016, 10:06 Uhr
Im Jahr 2008 rissen Bagger das Kernkraftwerk in Arneburg ab: So soll es auch den anderen deutschen Atommeilern ergehen.
(Foto: dpa)
Spätestens 2022 soll der letzte Atommeiler vom Netz gehen. Das Erbe der Kernkraft wird aber noch über Jahrzehnte Milliarden Euro verschlingen. Eine Regierungskommission will die Risiken mit dem "Atom-Entsorgungs-Finanzpakt" gleichmäßig verteilen.
Der Atomausstieg wird für die Steuerzahler ein Milliarden-Risiko bleiben. Die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission will den Stromkonzernen Insidern zufolge eine Art "Atom-Entsorgungs-Finanzpakt" vorschlagen. Danach blieben die Unternehmen für den Rückbau der Atommeiler sowie die Atommüll-Behälter selbst verantwortlich - bei voller Nachhaftung.
- Der Staat würde die End- und Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente übernehmen und dafür einen von den Konzernen finanzierten Fonds auflegen. In diesen müssten die vier Versorger einen Teil ihrer Milliarden-Rückstellungen zahlen.
- Das Risiko möglicher Mehrkosten für die Endlagerung übernimmt dem Vernehmen nach "ab einem gewissen Zeitpunkt" der Staat.
- Es müsse der "Totalausfall" vermieden und das Risiko für den Staat maximal begrenzt werden, wie aus einem Papier der Kommission hervorgeht.
Die Kommission soll bis Ende Februar Vorschläge zur Finanzierung des Atomausstiegs vorlegen. Dabei sollen die Stromkonzerne in die Pflicht genommen, zugleich aber ein "Insolvenzrisiko" in Folge der Altlasten ausgeschlossen werden. Die erheblich unter Druck geratenen Konzerne erhielten Planungssicherheit - die Gefahr einer Pleite mit größeren Risiken für die Steuerzahler würde gemindert. Teil eines möglichen Paktes wäre auch, dass die Unternehmen alle anhängigen Klagen gegen den Atomausstieg zurückziehen. "Wir reden nicht von Risikovermeidung, sondern von Risikominderung", hieß es aus der Regierungskommission.
Atomausstieg kostet 49 Milliarden Euro
Das Gremium unter Leitung des Grünen-Politikers Jürgen Trittin soll Vorschläge machen, wie die Rückstellungen der Atomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall langfristig gesichert werden können. Die Versorger haben insgesamt rund 38,5 Milliarden Euro an Rückstellungen gebildet. Die Milliarden liegen nicht auf Konten, sondern stecken in Kraftwerken, Stromnetzen oder Finanzanlagen. Nach dem vorgeschlagenen Fondsmodell würden die bereits zurückgestellten 38 Milliarden aufgeteilt.
Das letzte Atomkraftwerk in Deutschland soll 2022 vom Netz gehen. Die Kosten für Stilllegung und Rückbau der Atomkraftwerke sowie die Entsorgung des Atommülls werden in dem Kommissionspapier auf fast 49 Milliarden Euro geschätzt. Davon entfallen 17,7 Milliarden auf die Zwischen- und Endlagerung und fast 31 Milliarden auf Stilllegung, Rückbau, Behälter sowie Transporte.
Das von den Konzernen favorisierte Stiftungsmodell ist vom Tisch. Nach der sich abzeichnenden Lösung würden die Unternehmen zum unmittelbaren Rückbau verpflichtet. Der geplante öffentlich-rechtliche Fonds für die End- und Zwischenlagerung würde von den Konzernen in Raten bis 2022 mit Barmitteln gefüllt. Möglich sind Aufschläge, sollten Konzerne Risiken schneller loswerden wollen. Auch eine zeitlich gestaffelte Nachhaftung wird diskutiert.
Quelle: ntv.de, jug/dpa