Keine Chance auf Abschaffung Warum der Soli sicher bleibt
28.11.2014, 11:56 UhrIm Jahr 2019 werden die Ost-Bundesländer zum letzten Mal Geld bekommen, das ihnen beim Bau von Straßen und Schulen helfen soll. Ist der Solidaritätszuschlag dann überflüssig? So einfach ist es nicht.
Wenn man eine neue Steuer einführen möchte, macht man das am besten genau so wie Helmut Kohl 1991: Mann nennt die Steuer nicht "Steuer", sondern "Zuschlag" und schiebt auch noch das Wort "Solidarität" davor. Und schon haben die Steuerzahler nicht mehr das Gefühl, vom Staat beraubt zu werden, sondern solidarisch in die Zukunft ihres frisch vereinten Landes zu investieren.
Ganz falsch ist die Aussage des Wortes "Solidaritätszuschlag" nicht: Das wiedervereinigte Deutschland brauchte Anfang der 1990er-Jahre viel Geld, um die Lebensverhältnisse in Ost und West aneinander anzugleichen. Darum erhöhte die schwarz-gelbe Regierung die Mineralöl-, die Erdgas-, die Versicherungs- und die Tabaksteuer und führte den "Soli" ein. Das Wort führt zu Verwirrung. Viele halten ihn für eine zweckgebundene Abgabe, die direkt in Ostdeutschland investiert wird. Doch so ist es nicht. Der Soli ist eine Steuer wie jede andere. Und darum kann man sie auch nicht so einfach abschaffen.
Soli und Solidarpakt
Wofür das Geld wirklich verwendet wird, wurde nie in ein Gesetz geschrieben. Das wäre auch ungewöhnlich. Auch die Einkommens- oder die Mehrwertsteuer landen im großen Haushaltstopf. Was damit geschieht, kann der Bundestag jedes Jahr frei entscheiden. Fast jedes Jahr steigen die Einnahmen aus dem Soli, wie die Einnahmen aus anderen Steuern auch. 2013 brachte er dem Staat 14 Milliarden Euro.
Parallel zum Solidaritätszuschlag, kurz Soli, wurde der Solidarpakt eingeführt. Darin ist geregelt, dass der Bund den neuen Bundesländern beim Ausbau ihrer Infrastruktur unter die Arme greift. Jedes Jahr wird der Betrag dafür etwas kleiner. 2013 lag er bei 6 Milliarden Euro.
2019 bekommen die neuen Bundesländer zum letzten Mal Geld aus dem Solidarpakt. Doch der Soli wird deswegen noch lange nicht abgeschafft. Denn formal haben das Förderprogramm Solidarpakt und die Steuer Solidaritätszuschlag nichts miteinander zu tun. Genug Verwendung für das Soli-Geld hat der Staat: Die Ausgaben für Renten, Kinderbetreuung und Bildung sind in den vergangenen Jahren gestiegen und werden weiter steigen. Wer keine Schulden machen möchte, kann den Soli nicht so einfach abschaffen – auch wenn viele Bürger das glauben.
Rechte Tasche, linke Tasche
Das steht darum auch gar nicht zur Debatte, wenn man nicht gerade beim Bund der Steuerzahler anfragt. Immer wieder fordern Verbände oder Parteien, den Soli in eine zweckgebundene Abgabe zu verwandeln. Derzeit sagt das etwa die CDU: Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen findet, die Einnahmen dürften nicht im Haushalt "versanden". Christine Lieberknecht aus Thüringen meint, mit dem Soli sollten keine "allgemeinen Lücken" in den Haushalten gestopft werden. Man könnte allerdings auch sagen: Eine Zweckbindung des Soli würde eine Lücke erst aufreißen.
Also lässt man am besten alles, wie es ist? SPD und Grüne wollen, dass der Soli abgeschafft und das gleiche Geld durch eine höhere Einkommensteuer eingetrieben wird. Das würde für die Steuerzahler faktisch keinen Unterschied ergeben. Aus Sicht der CDU würde die Maßnahme aber wie eine Steuererhöhung aussehen – und das will sie aus Prinzip nicht. Offen ist also, ob es künftig noch eine Steuer namens "Soli" geben wird. Dass nach dieser Debatte jemand mehr Geld im Portemonnaie hätte, ist nicht zu erwarten.
Der wichtigere Streitpunkt ist ein anderer: Länder wie Nordrhein-Westfalen wollen mehr Geld vom Bund. Wenn die Förderung für den Osten 2019 ausläuft, könnte man sie ja dem Westen zuschlagen, finden sie. Und da sind sie sich eigentlich auch über Parteigrenzen hinweg einig.
Quelle: ntv.de