"Schuldenbremse reformieren" Wegner positioniert sich gegen CDU-Chef Merz
23.11.2023, 15:34 Uhr Artikel anhören
Berlins Regierender Bürgermeister ist bislang der erste CDU-Regierungschef, der die Schuldenbremse lockern möchte.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach dem Urteil aus Karlsruhe ist die Ampel in der Finanzzwickmühle. CDU-Chef Merz verlangt Kürzungen und neue Prioritäten. Als erster Landeschef fällt Berlins Regierender Bürgermeister seinem Parteifreund in den Rücken und verlangt eine Reform der Schuldenbremse - und zwar sofort.
Als erster CDU-Regierungschef fordert Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner nach dem jüngsten Karlsruhe-Urteil eine sofortige Reform der Schuldenbremse, um wichtige Zukunftsausgaben zu retten. "Wer derzeit Regierungsverantwortung trägt und damit Verantwortung für die Aufstellung von Haushalten, weiß: Aus den normalen Haushalten lassen sich die nötigen Investitionen einfach nicht finanzieren. Wir brauchen daher neues Denken und neuen Mut", sagte Wegner dem "Stern". "Die Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich."
Wegner, der sich damit auch gegen den Kurs von Parteichef Friedrich Merz stellt, warnte eindringlich davor zu glauben, nach dem Karlsruhe-Urteil einfach weitermachen zu können. Die Schuldenbremse werde "mehr und mehr zur Zukunftsbremse", kritisierte der CDU-Politiker. "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht deutlich, wie investitionshemmend die derzeitige Schuldenbremse ist - angesichts von Megabedarfen etwa beim Klimaschutz, den bröckelnden Verkehrswegen, dem riesigen Investitionsstau bei unseren Schulen, der vernachlässigten sozialen Infrastruktur, dem nötigen Umbau unserer Energieversorgung. Ohne Investitionen bröckeln nicht nur unsere Straßen, Schienen und Schulen, ohne Investitionen bröckelt die Zukunft unseres Landes."
Wegner hatte sich auch in der Vergangenheit schon kritisch zur Schuldenbremse geäußert. Er betonte, das Instrument aber nicht in Gänze abschaffen zu wollen. "Ich verstehe die Sorge, dass irgendwelche Politiker Schulden über Schulden machen würden", sagte er dem Magazin weiter. Deshalb will ich die Schuldenbremse nicht aus der Verfassung streichen, ich will sie in der Verfassung zukunftsfest gestalten. Es darf Kredite ausschließlich für Investitionen geben - Kredite für konsumtive Ausgaben sind tabu."
Merz für Sparen statt Schuldenbremsen-Reform
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Dies hat zur Folge, dass weitere Milliardensummen für Zukunftsvorhaben gefährdet sind. Da die genauen Auswirkungen auch auf den regulären Haushalt noch unklar sind, entschied das Finanzministerium, vorsorglich bestimmte Zusagen aller Ministerien für kommende Jahre im Haushalt zu sperren.
CDU-Chef Merz hatte zuvor gesagt, er sehe im Augenblick nicht, "dass wir an die Schuldenbremse heran müssen". Auch Steuererhöhungen lehnte er ab. Stattdessen forderte er die Ampel auf, Prioritäten zu setzen und an anderer Stelle im Haushalt zu sparen. Als Beispiele nannte er einen Verzicht auf die Kindergrundsicherung, das Heizungsgesetz und auf eine Erhöhung des Bürgergeldes.
Quelle: ntv.de, mau