Politik

"Wie ein Gespenst, ein Geist" Wer ist der Bombenleger von New York?

554ee6399eef966a8e6c867c3302f1ba.jpg

Die Fahnder haben schnell Erfolg. Kurz nach dem Bombenanschlag in New York setzen sie einen 28-jährigen Verdächtigen fest. Nachbarn sind entsetzt. Er sei ein sehr "freundlicher Typ", "jedermann schien ihn zu mögen".

"Gesucht: Ahmed Khan Rahami, 28, im Zusammenhang mit der Explosion in Chelsea." Mit diesem Tweet fahndete die Polizei am Montag nach dem mutmaßlichen Bombenleger von New York. Dort waren am Samstag bei einem Anschlag 29 Menschen verletzt worden, wenige Stunden zuvor war im benachbarten New Jersey eine Rohrbombe explodiert. Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio warnte, Rahami "könnte bewaffnet und gefährlich sein". Kurz darauf wurde der Gesuchte in der Stadt Linden in New Jersey aufgespürt, schlafend im Flur einer Bar. Nach einem Schusswechsel, bei dem er leicht verletzt wurde, überwältigte ihn die Polizei.

Wer ist dieser Mann, der für einen Großeinsatz der US-Sicherheitskräfte sorgte? Bisher ist Rahami weitgehend ein unbeschriebenes Blatt. "Er ist ein bisschen wie ein Gespenst, ein Geist", beschreibt ihn ein Polizeibeamter gegenüber der "New York Times". Hinweise darauf, dass er ein terroristisches Training absolvierte, gibt es bisher nicht. Auf einer Beobachtungsliste der Polizei steht er nicht, in sozialen Netzwerken war er nur wenig präsent. Allerdings ist Rahami schon polizeibekannt: 2014 wurde er festgenommen und für drei Monate ins Gefängnis gesteckt, weil er einem Verwandten ein Messer ins Bein gerammt haben soll. Zu einer Anklage kam es allerdings nicht. Zwei Jahre vorher war er auch schon einmal kurzzeitig festgenommen worden.

Rahami arbeitete im Restaurant seiner Familie in New Jersey.

Rahami arbeitete im Restaurant seiner Familie in New Jersey.

(Foto: AP)

Auch seine Familie, die aus Afghanistan in die USA eingewandert war, hatte immer mal wieder Ärger mit den Behörden und Nachbarn. In Elizabeth in New Jersey betrieb sein Vater mit ihm und seinen Geschwistern ein Restaurant, das "First American Fried Chicken". Da es unerlaubterweise rund um die Uhr geöffnet war, gab es regelmäßig Beschwerden wegen Lärmbelästigung. Schließlich ordnete die Stadt an, dass das Lokal ab 22.00 Uhr schließen muss, eines Abends kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Polizei. Der Vater fühlte sich diskriminiert und reichte Klage ein, die allerdings folgenlos blieb. Angeblich sei seiner Familie gesagt worden, dass Muslime "zu viel Ärger" machen würden und keine Unternehmen in den USA haben sollten. Laut dem Bürgermeister Christian Bollwage handelte es sich jedoch lediglich um Nachbarstreitigkeiten. "Es hatte nichts mit ethnischer Zugehörigkeit oder Religion zu tun."

"Clever, lustig, bescheiden"

Nachbarn beschreiben Rahami, der als Kind in die USA kam und inzwischen einen US-Pass besitzt, meist als "freundlichen Typen" aus einer ganz normalen Familie. "Jedermann schien ihn zu mögen", sagt ein Augenzeuge der "New York Times". Er sei "clever, lustig, bescheiden". Als Student sei er zielstrebig gewesen, er habe viele Freunde und eine Menge Freundinnen gehabt. Außerdem begeisterte er sich für schnelle Autos.

Doch irgendwann muss es zur Wandlung gekommen sein. Vor einigen Jahren reiste er nach Afghanistan, wo er sich radikalisiert haben soll. Als er zurückkehrte, trug er einen Bart, tauschte seine westliche gegen traditionelle muslimische Kleidung und begann regelmäßig zu beten. "Er war eine komplett andere Person", so ein Bekannter. "Er wurde ernst und machte komplett zu." Offenbar reiste er auch ins pakistanische Karachi, wo er heiratete. Seine Frau, die Medienberichten zufolge von ihm schwanger war, blieb dort.

Was Rahami dazu veranlasst haben könnte, die Bomben im New Yorker Ausgehviertel Chelsea und in New Jersey zu legen, ist noch unklar. Die Behörden gehen von einem Terrorakt aus. Vorerst wird er wegen fünffachen versuchten Mordes angeklagt, weil er sich bei seiner Festnahme fünf Polizisten widersetzte und auf sie schoss. Auch wirft ihm die Polizei unerlaubten Waffenbesitz vor. Laut der Bundespolizei FBI gibt es eine "direkte Verbindung" zwischen Rahami und den Bomben. Sein Fingerabdruck soll auf einem präparierten Schnellkochtopf, der nicht explodierte, entdeckt worden sein. Außerdem zeigen ihn Videos sowohl am Anschlagsort als auch vier Straßenblocks entfernt, wo ein weiterer, nicht detonierter Sprengsatz gefunden worden war.

Noch ist unklar, ob der 28-Jährige Mittäter gehabt hatte oder auf eigene Faust handelte. Das FBI wies bisher Berichte über eine "Terrorzelle" zurück. Zwar hatte die Polizei bei einer Verkehrskontrolle fünf Menschen festgenommen, die in Verbindung zu Rahami stehen sollen. Allerdings wurden sie nicht formell beschuldigt. Der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuoma, sagte, "zurzeit" wisse man nichts über eine mögliche Verbindung zur Terrormiliz IS und anderen radikalislamischen Gruppen wie den Taliban. Im Gegensatz zu anderen Attentaten hatte sich zu den Anschlägen in New York und New Jersey niemand bekannt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen