Politik

Kennenlernen in Dresden Wie viel Pegida verträgt die AfD?

AfD-Vize Gauland während seines Besuchs bei einer Pegida-Demonstration am 15. Dezember

AfD-Vize Gauland während seines Besuchs bei einer Pegida-Demonstration am 15. Dezember

(Foto: imago/Sebastian Willnow)

Eine Quasi-Allianz bilden AfD und Pegida schon jetzt. Für die Partei von Bernd Lucke ist die Dresdner Protestbewegung "ein Segen", dabei birgt sie auch Gefahren. Heute treffen sich beide Seiten erstmals zum Gespräch.

Wenn es um Pegida geht, dann gibt sich Bernd Lucke gern so neutral wie möglich. Gespräche seien "völlig in Ordnung", sagt er dann, um gleich darauf wieder zurückzurudern. Nur weil man miteinander rede, sei dies "noch lange kein Schulterschluss". Der AfD-Chef will nicht den Eindruck erwecken, allzu große Sympathien für Pegida zu haben. Dabei sind diese in seiner Partei zweifelsfrei vorhanden.

Dass sich AfD-Sprecherin Frauke Petry heute auf eigene Initiative mit den Pegida-Koordinatoren trifft, ist Statement genug. AfD-Vize Alexander Gauland machte sich im Dezember persönlich ein Bild von dem Anti-Islam-Bündnis. Das Dresdner Protestbündnis mag in vielerlei Hinsicht unberechenbar sein, doch die rechtskonservative Partei ist dem ganz speziellen Charme der Bewegung längst erlegen. "Pegida ist ein Segen", heißt es aus der AfD. Schon jetzt scheint es, als hätten beide Seiten einen Pakt geschlossen. Einen, von dem beide profitieren können.

Die Pegida-Bewegung bildet eine neue gesellschaftliche Konfliktlinie ab. In den 80ern formierte der Protest gegen den Nato-Doppelbeschluss die Friedensbewegung, die maßgeblich zur Etablierung der Grünen führte. 20 Jahre später sicherte der Protest gegen die Hartz-IV-Reformen der damaligen PDS das politische Überleben. Nun stärkt Pegida, das gegen eine angebliche islamische Überfremdung protestiert, die Existenzberechtigung der AfD.

Die neue rechte APO

Ob begrenzte Einwanderung, null Toleranz gegenüber straffällig gewordenen Asylbewerbern, Aufstockung der Mittel für die Polizei: Inhaltlich gibt es keine Differenzen. Alle führenden AfD-Politiker räumen ein, dass sie alle 19 Punkte aus dem Pegida-Positionspapier unterschreiben würden. Pegida bietet der AfD damit ein lukratives Wählerspektrum und ist schon der verlängerte gesellschaftliche Arm der Partei. Eine neue außerparlamentarische Opposition, nur diesmal von rechts, wie Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich kürzlich durchaus passend erklärte.

Auch die AfD bietet Pegida Vorzüge. Die Alternative betont zwar gern ihre Distanz, dennoch agierte sie vielfach bereits als Anwalt der Dresdner Demonstranten. Zuletzt zu beobachten nach der Neujahrsrede der Kanzlerin. Nachdem Angela Merkel gefordert hatte, den Aufrufen zu den Pegida-Protesten nicht zu folgen, kritisierte Lucke sie scharf. Eine Neujahrsansprache solle versöhnen und nicht spalten. "Frau Merkel stempelt die Menschen als fremdenfeindlich ab, ohne ihnen Gehör schenken zu wollen." Der AfD-Chef sprach dem Protestbündnis damit nicht nur Legitimität zu, er half auch bei der Öffentlichkeitsarbeit aus, die Organisatoren um Lutz Bachmann zuletzt häufig zu überfordern schien.

Wohin will Pegida?

Und heute trifft man sich also zum ersten Mal im Raum A500 des sächsischen Landtags. Ziel des Treffens sei ein Kennenlernen und ein erster Gedankenaustausch, heißt es aus der AfD. Man wolle schauen, wie nachhaltig das Bündnis sei und wie verlässlich und politiktauglich deren Koordinatoren. Pegida erklärt, das Treffen sei eine einmalige Sache. Man wolle sich nicht politisch vereinnahmen lassen. Nur - wohin will die Bewegung? Wie lange will man es bei der montäglichen Demonstration bewenden lassen? Die AfD könnte dabei behilflich zu sein, zu überlegen, wie die nächste Stufe aussehen könnte.

Für die Partei besteht genau darin die Gefahr: Für die AfD ist es riskant, das optimale Verhältnis zu der Protestbewegung auszutarieren. Zu viel Nähe zu den teilweise plumpen rechten Parolen von Pegida birgt ein Risiko. Seit ihrer Gründung hat die Partei mit dem richtigen Umgang mit Rechtsextremen zu kämpfen. Der nationalliberale Flügel um Gauland und Petry plädiert für mehr Offenheit nach rechts.

Parteichef Lucke und Vize Hans-Olaf Henkel fordern jedoch mehr Abstand. Sie sehen die Gefahr, dass die AfD ins ultrarechte Lager abrutschen und für konservative Wähler nicht mehr attraktiv sein könnte. Gauland und Petry gegen Lucke und Henkel: Die Pegida-Debatte trifft die Alternative an einem wunden Punkt. Sie vertieft die tiefen Gräben in der Parteispitze damit nicht nur, sondern kann von nun an mit darüber entscheiden, welche politische Zukunft die AfD hat. Wenn sie denn eine hat.

Quelle: ntv.de

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