Lage in Afghanistan Vertrauliche Analyse zeichnet düsteres Bild
25.11.2015, 13:15 Uhr
Die Situation in Afghanistan ist prekär. Die größte Bedrohung für die Bürger geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus.
(Foto: REUTERS)
Gewalt, Gefallene und Korruption: Ein vertraulicher Bericht des Auswärtigen Amtes für Entscheider in Asylverfahren zeichnet ein düsteres Bild der Lage in Afghanistan. Neben großen Sicherheitsproblemen listet das Papier auch massive Menschenrechtsverletzungen auf.
Das Auswärtige Amt stuft einem Rundfunkbericht zufolge die Lage in Afghanistan als sehr gefährlich ein. Das Radioprogramm NDR Info zitiert aus einem vertraulichen Bericht des Ministeriums über die "asyl- und abschieberelevante Lage" vom 6. November, der als Entscheidungshilfe für Gerichte und Behörden gedacht sei.
Die 28-seitige Verschlusssache beschäftige sich neben der Sicherheitslage vor allem mit der Umsetzung von Grund- und Menschenrechten. Demnach wird vor allem die Lage von Frauen und Kindern als besonders negativ beurteilt.
Die Justiz funktioniere "nur sehr eingeschränkt", die Regierungsführung sei "weiterhin mangelhaft" und die Entwicklung Afghanistans durch die weit verbreitete Korruption gehemmt, heißt es laut NDR in dem Bericht weiter. Die Sicherheitslage sei regional stark unterschiedlich, aber "weiterhin volatil".
Immer mehr zivile Opfer
Die Zahl der zivilen Opfer liege auf Rekordniveau. Das staatliche Gewaltmonopol werde von Aufständischen und Milizen "in vielen Landesteilen erheblich herausgefordert", heißt es in dem Papier. "Die größte Bedrohung für die Bürger Afghanistans geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Personen kaum Einfluss und kann sie nur begrenzt kontrollieren bzw. ihre Taten untersuchen oder verurteilen."
Das Auswärtige Amt wollte den Bericht auf Anfrage von NDR Info mit Hinweis auf die Vertraulichkeit des Schriftstücks nicht kommentieren. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte kürzlich unter anderem auch unter Hinweis auf die von Deutschland gezahlte Entwicklungshilfe darauf gedrängt, afghanische Flüchtlinge verstärkt in ihre Heimat zurückzuschicken.
Hinter Syrien ist Afghanistan derzeit das zweite Hauptherkunftsland von Flüchtlingen in Deutschland. Bei der Zahl der registrierten Asylbewerber liegt Afghanistan auf Platz 6 knapp hinter dem Irak. Das Innenministerium argumentiert, in Afghanistan gebe es sichere Regionen, die Verfolgten als innerstaatliche Fluchtoption dienen könnten.
Quelle: ntv.de, dsi/AFP