Partei schließt Journalisten aus Die AfD kann nicht mit Kritik umgehen
13.01.2017, 14:45 Uhr
Seit einigen Wochen verheiratet: Marcus Pretzell und Frauke Petry von der AfD.
(Foto: picture alliance / Kay Nietfeld/)
AfD-Vertreter veranstalten einen Kongress mit Geert Wilders und Marine Le Pen. Unliebsame Journalisten sind nicht zugelassen. Für eine Partei, die den "Mut zur Wahrheit" für sich proklamiert, ist das nicht besonders mutig.
Es wird fast so etwas wie ein Familientreffen der bekanntesten Rechtspopulisten in Europa. AfD-Chefin Frauke Petry, die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen und der Niederländer Geert Wilders nehmen am 21. Januar an einem Kongress in Koblenz teil. Auch Vertreter der österreichischen FPÖ und die italienische Lega Nord sollen kommen. Veranstalter ist die EU-Parlamentsfraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF), der auch der AfD-Politiker Marcus Pretzell angehört. Das Treffen stößt auf viel Interesse. Nur werden viele große deutsche Medien nicht darüber berichten. Sie würden gern, aber dürfen nicht. Weil die AfD den öffentlich-rechtlichen Sendern sowie einer Reihe weiterer Journalisten die Akkreditierung verweigert.
"Pressefreiheit beinhaltet auch die Freiheit, Fake News nicht zu bedienen", begründete Mitveranstalter Pretzell die Entscheidung. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten hätten eine derart gefärbte Berichterstattung, dass sie gerne auch "ohne unmittelbaren Eindruck ihre Drehbücher abarbeiten dürfen". Die übrigen Journalisten, so Pretzell, hätten sich diskreditiert. Was für eine Begründung! Die AfD hat offenbar Schwierigkeiten, mit Kritik umzugehen und offenbart mal wieder ihr schwieriges Verhältnis zur Pressefreiheit.
Pretzell und seine Partei entlarven sich mit ihrer sonderbaren Praxis selbst als unprofessionell. Es ist nicht vorstellbar, dass CDU, SPD oder Grüne nur Journalisten zu ihren Parteitagen zulassen, die positiv über sie berichten. Die etablierten Parteien freuen sich sicherlich nicht über jeden kritischen Artikel, aber sie haben gelernt, damit umzugehen und darüber zu stehen. Es ist deshalb auch Usus, dass politische Parteien sämtliche Pressevertreter ausnahmslos akkreditieren. Das Kriterium ist dabei die Zugehörigkeit zu einem Medium, nicht die Gesinnung.
"Wir haben nichts zu verbergen"
Der Kongress ist eine öffentliche Veranstaltung, zu der 1000 Teilnehmer erwartet werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, zu erfahren, wie das Treffen von Petry, Wilders, Le Pen und Co. in Koblenz verläuft. Die Pressefreiheit ist im Grundgesetz festgeschrieben, aber die AfD greift massiv in die Berichterstattung ein. Der Ausschluss eines Teils der Presse passt auch nicht zu dem Slogan "Mut zur Wahrheit", den die AfD für sich in Anspruch nimmt. Von Mut kann keine Rede sein. Als politische Partei muss die AfD Widerspruch ertragen, aber das fällt ihr offensichtlich schwer. Müsste sie sonst unangenehme Journalisten vor die Tür setzen? Man stelle sich mal vor, die ausgeschlossenen Medien würden die Berichterstattung über die AfD einstellen. Der Aufschrei wäre groß.
Umso bezeichnender ist es, dass selbst AfD-Pressesprecher Christian Lüth das Vorgehen rügt. "Einen generellen oder selektiven Ausschluss der Presse halten wir bei Veranstaltungen mit großer politischer Tragweite für falsch", sagte Lüth. "Wir haben nichts zu verbergen, im Gegenteil: Wir haben ein Interesse daran, die Öffentlichkeit von unseren Aktivitäten zu informieren." Dennoch spielt Lüth die Sache runter. Wie andere Vertreter der Parteiführung verweist er darauf, es handle sich nicht um eine Veranstaltung der AfD. Ein schlechtes Argument.
Zwar gibt es in der Parteispitze große Vorbehalte gegen das Treffen mit Le Pen und Wilders. Aber dennoch kann die AfD nicht so tun, als habe sie mit der Veranstaltung nichts zu tun. Mitorganisator ist mit Pretzell ein prominenter AfD-Politiker, der die Partei im Mai in den Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen führt. Und mit Frauke Petry tritt nicht irgendeine unbedeutende Kommunalpolitikerin in Koblenz auf, sondern die Bundessprecherin der Partei.
Eine große Überraschung ist das Gebaren der AfD jedoch nicht. Der sonderbare Umgang mit der Presse ist gängige Praxis. Zu Zeiten von Parteigründer Bernd Lucke war es schon so, dass Journalisten bei Parteitagen den Raum bei einzelnen Tagesordnungspunkten verlassen mussten. Heute dürfen Medien sich freuen, wenn sie überhaupt kommen dürfen. Beim Landesparteitag in Baden-Württemberg schloss die Partei im November Medienvertreter gänzlich aus. Landessprecher Lothar Maier sagte kürzlich, dass wohl auch beim Parteitag in Nürtingen Ende Januar keine Presse zugelassen sein soll.
Quelle: ntv.de