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Das tut weh, SPD! Er kämpft noch nicht - und ist schon fast k.o.

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Die SPD begehrt gegen Parteichef Gabriel auf. Doch sie wird in eineinhalb Jahren mit ihm in den Wahlkampf ziehen müssen. Das kann gar nicht gutgehen.

Ehrlich und konfrontativ - so beschreiben viele Sigmar Gabriel. Klare Kante markiert dieser auch Ende Oktober. "Natürlich will ich Bundeskanzler werden, wenn die SPD mich aufstellen will", sagt er. Spätestens seitdem ist klar: Gabriel macht, was viele erwarten. Er tritt 2017 gegen die  Kanzlerin an. Sechs Wochen später erhält Gabriels Mission jedoch eine hässliche Narbe. Bei seiner Wiederwahl als SPD-Chef erhält er nur 74 Prozent. Gabriel ist damit schon angeschlagen, obwohl der große Kampf noch gar nicht begonnen hat. Schlimmer geht’s nicht.

Das Ergebnis kann man undankbar finden. Gabriel hat in den vergangenen Jahren einen beeindruckenden Spagat versucht. Nach der historischen Wahlschlappe hat er die Partei 2009 in schwierigen Zeiten übernommen und das große Chaos verhindert. 2013 führte er die Genossen über ein Mitgliedervotum in die ungeliebte Große Koalition. Trotz des schlechten Wahlergebnisses setzte er dort viel sozialdemokratische Politik durch.

Gabriels schwieriger Spagat

Gabriels Rolle ist schwierig, da sie eine fast unmögliche Balance verlangt: Mit der Kanzlerin regieren - aber ihr nicht zu nah kommen. Die Geschäfte in der Regierung organisieren und gleichzeitig die eigene Partei führen. Dabei macht Gabriel, was er tun muss. Als Vorsitzender führt er die SPD auf den Weg, den er für den vielversprechendsten hält und gleichzeitig authentisch vertreten kann.

Sozialdemokraten betonen gern, niemanden zurücklassen zu wollen. Das schlechte Wahlergebnis zeigt, dass Gabriel in den vergangenen zwei Jahren viele zurückgelassen hat. Die Quittung dafür hat er nun erhalten. Das wird Folgen haben. Zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl droht der SPD eine Debatte zur Unzeit. Wer macht es 2017? Dabei gibt es keine Alternative zu Gabriel. Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Nordrhein-Westfalens Regierungschefin Hannelore Kraft, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, die allesamt naheliegend wären, wollen nicht. Die Spitze der Partei ist kein Ort mehr, um den man sich drängelt. Die SPD ist sogar fast zu so etwas wie einer Ein-Mann-Partei geworden, zu viel projiziert sich dadurch auf Gabriel. Gut ist das nicht.

Wer sonst aus der SPD?

Die 74 Prozent für Gabriel haben fast selbstzerstörerische Züge. Die Partei wird mit ihm in den Wahlkampf ziehen müssen. Dafür aber bräuchte er die volle Rückendeckung. Das kann aber nicht gelingen, wenn ein beträchtlicher Teil der Anhänger im Wahlkampf mit Magenschmerzen Plakate klebt und Flyer verteilt. Und wenn schon die eigenen Leute nicht daran glauben ...

Die Alternativlosigkeit ist das große Problem der SPD. Wer außer Gabriel? Was, außer einer Großen Koalition? Sozialdemokraten hadern traditionell mit der Rolle der Regierungspartei. Ist Opposition für viele Sozialdemokraten am Ende gar nicht Mist (Franz Müntefering), sondern sogar die erstrebenswertere Option? Wenn Ja, wäre es bezeichnend und gut für Union und Grüne. Wenn beide sich erst einmal gemeinsam einspielen, wird die SPD eines Tages vielleicht gar nicht mehr gebraucht.

Gabriel und die SPD müssen ehrlich mit sich selbst sein. Was fehlt, ist das Eingeständnis, dass die Partei auf absehbare Zeit keine Chance hat, den Kanzler zu stellen. In seiner Rede hat der Parteichef an diesem Freitag gesagt, dass er in zwei Jahren aus dem Kanzleramt regieren wolle. Man müsse die eigenen Ziele immer etwas höher schrauben, als es realistisch scheint. Gabriel bezeichnete die SPD als "geschlossen und selbstbewusst". All das zeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit bei der SPD im Jahr 2015 weit auseinanderklaffen.

Quelle: ntv.de

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