"Mehr Flüchtlinge aufnehmen" Kauder heuchelt Großzügigkeit
15.04.2015, 11:42 Uhr
Volker Kauder: "Wir können in Deutschland noch deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Diese Menschlichkeit müssen und können wir uns leisten!"
(Foto: REUTERS)
Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland noch verkraften? Unionsfraktionschef Kauder findet eine klare Antwort auf diese Frage: mehr. Das ist richtig, der CDU-Politiker spielt trotzdem ein falsches Spiel.
Volker Kauder gibt sich ganz generös. In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung - "Klartext statt Kauderwelsch" - sagt der Unionsfraktionschef: "Wir können in Deutschland noch deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Diese Menschlichkeit müssen und können wir uns leisten!"
Im Jahr 1993 hätte Kauder Applaus verdient. Im Jahr 2015 ist aber nicht nur die Gesellschaft wesentlich hilfsbereiter, wenn es um Flüchtlinge geht, auch die CDU ist offener. Es gilt deshalb, genauer hinzuschauen. Und bei einem genauen Blick kann von Großzügigkeit keine Rede sein, sondern nur von Heuchelei.
Kauder setzt eine Fußnote unter seine Forderung, mehr für Flüchtlinge zu tun: "Wenn die Länder weitere Mittel wollen, müssen auch sie ihre Anstrengungen erhöhen und zum Beispiel mehr abgelehnte Asylbewerber abschieben." Kurzum: Abgesehen von den je 500 Millionen Euro, die Berlin Ländern und Kommunen für die Jahre 2015 und 2016 zusätzlich zur Verfügung stellt, gibt es nicht mehr Geld. Mehr Flüchtlinge also ja, aber nicht auf Kosten des Bundes. Das ist scheinheilig.
Nicht nur heuchlerisch, sondern fahrlässig
Kauder sagt zwar zu Recht: Länder und Kommunen müssen konsequenter abschieben, wenn ein Bewerber keinen Grund für Asyl hat und auch keine anderen humanitären Gründe gegen eine Ausreise sprechen. Andernfalls wäre das gesamte Asylrecht wertlos. Aus Kauders Sicht ist es aber auch allzu leicht, eine konsequentere Abschiebepraxis zu fordern. Als Fraktionschef in Berlin muss er keine verarmten Familien in Flugzeuge setzen und in eine Zukunft ohne Hoffnung auf ein besseres Leben entlassen. Zudem muss dem Unionsfraktionschef bewusst sein: Auch unabhängig von einer konsequenteren Abschiebepraxis werden die Kommunen angesichts von mehr als 75.000 neuen Asylanträgen allein im ersten Quartal des Jahres mit dem Geld, das ihnen der Bund zur Verfügung stellt, nicht auskommen.
Die Folge ist: Städte und Gemeinden müssen am Zustand von Kitas und Schulen sparen, um Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Das gefährdet die Akzeptanz von Flüchtlingen in der Gesellschaft. Kauders Politik ist so nicht nur heuchlerisch, sondern auch fahrlässig.
Quelle: ntv.de