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Waffen in den Nordirak? Was man aus Afghanistan und Syrien lernen kann

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Das Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch dürfte zu den Waffen gehören, die die Bundeswehr an die Kurden abtritt.

(Foto: dpa)

Sollte Deutschland die Kämpfer ausrüsten, die gegen den Islamischen Staat vorgehen? Aus den Fehlern in Afghanistan und in Syrien kann man einiges lernen.

Wenn der Bundestag heute diskutiert, ob Deutschland sich in den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) einmischen sollte, dann gibt es zwei Vorlagen, an denen sich die Entscheidung orientiert.

Vorlage Nummer eins ist der Krieg in Afghanistan, der allgemein als gescheitert gilt. Die Soldaten ziehen ab und hinterlassen statt einer stabilen Demokratie das blanke Chaos. Taliban überrennen einstige Bundeswehrstandorte, wer den Ausländern zuarbeitete, muss um sein Leben fürchten. Diese Einmischung hat sich nicht gelohnt, urteilen die meisten Deutschen.

Vorlage Nummer zwei ist der Syrien-Krieg, die größte Katastrophe der vergangenen Jahrzehnte. Der Westen beobachtete, wie ein Diktator sein eigenes Volk abschlachtete, und konnte sich doch nicht dazu durchringen, diesem Volk und seiner Freien Syrischen Armee (FSA) zur Seite zu stehen. Heute hat sich die FSA auf ihre wenigen Hochburgen zurückgezogen, viele Kämpfer sind zum IS übergelaufen. Gut, dass man diese Leute nicht noch mit Waffen ausgestattet hat, urteilen die meisten Deutschen.

Afghanistan: Der Fehler kam nach dem Krieg

Bei diesen Erfahrungen erscheint die Idee absurd, nun kurdischen Kämpfern Waffen zu liefern. Die Lage im Irak ist höchstens unwesentlich berechenbarer und übersichtlicher als in Afghanistan oder in Syrien. Doch man muss etwas genauer hinschauen, um die richtigen Lehren aus Afghanistan und Syrien zu ziehen.

Der Krieg gegen die Taliban war zunächst einmal erfolgreich. Das Regime wurde abgesetzt und Al-Kaida verlor seine Heimat. Strukturen der Terroristen wurden zerschlagen, das Netzwerk nachhaltig geschwächt. Das könnte Mut machen, dass auch der Islamische Staat zu besiegen ist. Der große Fehler in Afghanistan kam nach dem Krieg. Er bestand in der maßlosen Selbstüberschätzung, dass man über die fremde afghanische Kultur eine europäisch anmutende Demokratie stülpen könne.

Syrien: Das Betteln half nichts

Der Umgang mit dem syrischen Bürgerkrieg war dagegen ein Totalversagen der Weltgemeinschaft, bis es den US-Amerikanern gelang, Assad zur Herausgabe seiner Chemiewaffen zu bewegen - und auch das änderte leider nichts am millionenfachen Leid der Syrer.

Bis heute sind 200.000 Menschen gestorben und weit mehr als 10 Millionen aus ihrer Heimat geflohen. Das entspricht der Bevölkerung der zehn größten deutschen Städte zusammen. Und das zerstörte Syrien gab dem Islamischen Staat erst den Rückzugsort, an dem er seine Kräfte sammeln konnte. Der Westen muss sich fragen, ob er wirklich alles getan hat, um diese Situation zu verhindern. Die FSA bettelte beim Westen um Unterstützung und erhielt so gut wie nichts.

Der Krieg gegen die Taliban war im Grundsatz richtig und den Krieg in Syrien hat der Westen zu lange ignoriert. Das heißt nicht automatisch, dass sich Deutschland nun in einen neuen Krieg mit dem Islamischen Staat stürzen muss. Dis Situation ist kompliziert. Aber wer es mit Verweis auf Afghanistan und Syrien pauschal ablehnt, sich militärisch in diesen Konflikt einzumischen, der macht es sich zu leicht.

Quelle: ntv.de

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