Wieduwilts Woche Robert Habeck - vom Bundeswuschelminister zum Öko-Paten


Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist aus der Wonnezone gerutscht.
(Foto: IMAGO/photothek)
Gerade noch haben sämtliche Kommunikationsberater der Nation den Wirtschafts- und Klimaminister als Posterboy in ihre Präsentationen eingebaut, da stürzt der alte Liebling ab. Alles Kampagne, oder was?
Schlechte Stimmung bei den Grünen, die letzten Wochen waren mies. In Berlin regiert Franziska Giffey nun doch mit der Union, zuvor war schon der Volksentscheid zum Klimaschutz gescheitert. Das Heizungsgesetz aus dem Bundeswirtschaftsministerium nervt den liberalen Koalitionspartner, die "Bild", Hauseigentümer und nun auch die Bundesländer. Und seit Tagen brodelt die Affäre um Familienbande im Ministerium.
Bei den Grünen macht nun das Wort einer "Kampagne" die Runde, manchmal laut, manchmal leise. Die Lage erinnert an die Plagiatsaffäre der damaligen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock: Die Grünen fühlten sich verfolgt und reagierten recht dünnhäutig - manche redeten damals von einem "rechten Propagandakrieg".
Ich mag das Wort Kampagne nicht sonderlich, jedenfalls, wenn es auf Medien gemünzt wird. Es klingt nach einer zielgerichteten Attacke - ganz so, als würde die Presse am Leserinteresse vorbei auf dem Thema Heizung herumhacken.
Kampagne kommt eigentlich von Campus ("Feld") und ist vor allem in kriegerischen Auseinandersetzungen bekannt. Werbeleute sprechen auch von "Kampagnen", Aktivisten ebenso, in beiden Fällen ist es legitim - man kämpft schließlich für ein Ziel, nicht für das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Aber "Medienkampagnen"? Was genau soll das sein? Und warum klingt das immer so ein bisschen verschwörerisch-merkwürdig?
Die Grünen machen keine Fünf-Sterne-Politik
Eine Kampagne ist koordiniert. Wer meint, eine Redaktion agiere koordiniert, hat womöglich noch keine von innen gesehen. Aber, gut, dass General Mathias Döpfner seinen Leutnant Julian Reichelt auf die Spur gegen die linksgrüne Wokisierung des Landes auf die Spur geschickt hat, weil nur so die FDP gerettet werden könnte ("Please Stärke FDP"), hat das Vertrauen in die Medien nicht gerade gestärkt.
Es ist nun allerdings nicht so, dass die Grünen Fünf-Sterne-Politik serviert hätten und der Gast völlig grundlos den Koch sprechen möchte. Das Abgleiten des Bundeswirtschaftsministers aus der Wonnezone nahm seinen Anfang mit einem Kommunikationsfehler: das "Heizungsverbot". Der sonst so empathische Politiker hatte die Volksseele falsch eingeschätzt.
Habeck ist Autor. Wie würde ein Autor eine Heizung umschreiben? Ist sie nicht so etwas wie das Herz im Haus? Schon der Begriff "Wärme" steht in engem Zusammenhang mit Nähe, Liebe, Emotion. Da ist ein Volksaufstand absehbar, egal, wie dort was geregelt wird - das geht ins Innerste.
Doch der grüne Minister ("Wir sind ja nicht in die Regierung eingetreten, um beliebt zu werden") rechnete angeblich nicht mit dem, was eigentlich in Regierungen immer mal wieder passieren kann: dass jemand einen Gesetzentwurf in frühem Stadium durchsticht. Der Profi stolperte. Und dann stolperte er gleich noch einmal: In den Tagesthemen war ein grummeliger Habeck zu sehen. Er beschwerte sich, aber nicht stellvertretend für uns alle, also fürs Gemeinwesen, etwa über die Energiekrise, die schleppenden Abläufe, die unklare Situation. Nein: Er maulte diesmal in eigener Sache, über den "Echoraum der Medien", der ihm die Arbeit erschwere. Das ist ihm lange nicht mehr passiert. Lange sah man ihn wie eine Art Politik-Youtuber über die Lage sprechen, als säße er nicht am Lenkrad, sondern mit uns auf der Rückbank.
Die Pressefreiheit steht unter Druck
Und dann ist da nun auch noch die Graichen-Angelegenheit. Gefühlt jeden Tag malt eine Grafikabteilung ein neues Flussdiagram über die Familienbande im Ministerium und verflochtenen Institutionen. Den Staatssekretär und Energiewenden-Ingenieur Patrick Graichen rettet seine Fachlichkeit - und die ist unbestritten. Dass Graichen in der Findungskommission saß, die dann seinen Trauzeugen Michael Schäfer zum Chef der DENA machte, will Habeck zunächst nicht gewusst haben. Doch dass ihm tatsächlich irgendwann die politische Antenne vom Dach gefallen ist, zeigt eine andere, ganz banale Posse: Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erinnert gerade daran, dass Habeck auf der Hannovermesse eine kleine rosa Figur verliehen wurde, der "Energieküsten-Award" - und zwar von seinem Bruder, Hinrich Habeck. Müsste man da nicht kurz einmal zucken?
Es gibt also Gründe, die Grünen zu kritisieren, ohne, dass Medien und Opposition dafür eine "Kampagne" fahren müssten. Der von Habeck kritisierte "Echoraum" der Medien ist wie eh und je: gnadenlos. Dass die "Bild" auf dem Heizungsthema herumhackt, könnte natürlich an einer SMS von Mathias Döpfner liegen - oder aber schlicht daran, dass dieses Thema in weiten Teilen der Bevölkerung für extreme Unruhe sorgt.
Die schrillen Rufe mancher Grüner, hier sei eine "Kampagne" im Gange, sind nicht ungefährlich. Die Pressefreiheit in Deutschland steht unter Druck, vor allem allerdings wegen physischer Bedrohung aus Verschwörungszirkeln und von Rechtsradikalen, das hat gerade eine Untersuchung von "Reporter ohne Grenzen" ermittelt. Klar: Einen Öko sieht man nicht Journalisten anbrüllen oder auf sie einprügeln.
Aber auch in der bürgerlichen Mitte ist das Medienvertrauen fragil, eine aktuelle Untersuchung zeichnet ein gemischtes Bild - besonders Boulevard-Zeitungen verlieren an Vertrauen. Darüber kann man sich nur freuen, wenn man in Öffentlich-Rechtlichen die Antwort auf alle Fragen der Medienpolitik sieht.
Dünnhäutigkeit wird den Grünen im Sturm nicht helfen. Wäre es anders, hieße der aktuelle Kanzler Armin Laschet.
Quelle: ntv.de