Pressestimmen

Soforthilfen für Milchbauern "Auch die Verbraucher sind gefragt"

50070881.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutschlands Milchbauern werden zum Politikum. Um den rapiden Preisverfall bei Milch abzufedern, verspricht die Bundesregierung mindestens 100 Millionen Euro Soforthilfen für die Landwirte. Für die Presse ist dieses Ergebnis indes nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Idee des Landwirtschaftsministers Christian Schmidt, den Milchbauern mit mindestens 100 Millionen Euro unter die Arme zu greifen, halten die Nürnberger Nachrichten für "schlicht falsch". "Weil der nach wie vor gut subventionierte Berufsstand der Bauern das Risiko zu tragen hat und nicht der Steuerzahler. (. . . ) Dass der Milchmarkt nun tatsächlich ein Markt geworden ist, ist richtig. Und, so traurig das ist, dazu gehört auch, dass es keinen Anspruch auf das wirtschaftliche Überleben eines Betriebs gibt."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung empfindet die Zahlung als "viel zu wenig" und rechnet vor: "Vorsichtig kalkuliert, macht ein solcher Bauernhof (...) bei aktuellen Preisen in jedem Monat 2500 Euro Verlust; Schmidts Not-Millionen brächten aber nicht einmal 1500 Euro pro Hof. (...) Das ist nicht mehr als ein Feigenblatt für die Bundesregierung." Der Staat wolle nicht der Anschein der Tatenlosigkeit erwecken, dabei werde doch schon viel für die Bauern getan – ohne große Wirkung. "Unglaubliche gut 40 Prozent des EU-Haushalts gehen an Landwirte. Es gibt vom Staat zusätzlich Bioprämien, und die Energiewende lässt Milliarden auf die Konten von Landwirten fließen, die Energie-Mais, Wind oder Sonne 'vom Feld' ernten. Den Strukturwandel der Milchbauern hat das alles aber nur leicht gebremst."

Der Meinung, dass schon die bisherigen Subventionen wenig gebracht haben, ist auch n-tv.de. Denn diese hätten "die Landwirtschaft schon immer nur künstlich am Leben gehalten. Auch die Milchquote war kontraproduktiv. Die Preise sind weiter gefallen. Genauso hat das Höfesterben nicht aufgehört. Die Marktbereinigung ging weiter, der Todeskampf war nur länger. Das Pampern der Agrarwirtschaft hat nur eins bewirkt: die Abhängigkeit der Landwirtschaft zu verstärken." Daher ginge es jetzt darum, den Überblick zu behalten. "Bauern müssen mit dem Wettbewerb leben. Der Strukturwandel wird weitergehen. Das ist das eine. Das andere ist: Es wird noch schlimmer kommen. Dafür wird das Handelsabkommen TTIP sorgen. Schon aus diesem Grund sollten sich jetzt alle ernsthaft fragen, ob sie weitere Millionen oder Milliarden Euro in die Milchwirtschaft pumpen wollen."

Mehr als eine kurzfristige Hilfe für wenige Bauern werden die Soforthilfen nicht sein können, urteilt die Volksstimme aus Magdeburg. Der Glaube, mit der Geldspritze durch die Milchkrise zu kommen, sei "eine Milchmädchenrechnung". "Denn die Bauern sind weiterhin - genauso wie Molkereien und Handelsketten - Marktteilnehmer. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Für die Bauern ist das ein Problem". Daher plädiert das Blatt für eine dauerhafte Lösung, und die müsse so aussehen, dass "sich Bauern und Molkereien an einen Tisch setzen und ein Preismodell entwickeln, das Schwankungen für beide Seiten abfedert. Aber auch die Verbraucher sind gefragt: Wenn es Supermarkt-Kunden belohnen, dass Milch zum Niedrig-Preis verschleudert wird, werden die Milchbauern chancenlos sein."

Auch die Süddeutsche Zeitung spricht sich für echte Reformen aus. In diesem Sinne müsse die Überproduktion von Milch dauerhaft unterbunden werden. "Dazu gehört es auch, unsinnige Preisstaffelungen abzuschaffen. So ist es in der Branche üblich, dass Produzenten, die viel Milch liefern, einen höheren Literpreis von ihren Molkereien bekommen als jene, die weniger liefern - ein falscher Anreiz, der dazu führt, dass noch mehr produziert wird."

Zusammengestellt von Katja Belousova

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen