Klares Nein zur Homo-Ehe "Berliner CDU hat eine Chance verpasst"
24.07.2015, 21:31 Uhr
Die Berliner CDU-Mitglieder lehnen mehrheitlich die "Ehe für alle" ab. Parteiintern stimmten sie darüber ab, ob auch gleichgeschlechtliche Partner heiraten dürfen. Für die deutsche Presse steht fest: Die CDU ist noch nicht so weit, aus ihren konservativen Schuhen herauszuwachsen.
"Der Versuch ging daneben", urteilt die Berliner Zeitung über den Beschluss der CDU zur Homo-Ehe. "Eben noch feierte sich die CDU Berlin als diskursfreudigstes Kollektiv der Hauptstadt, jetzt hat es einigen Christdemokraten die Sprache verschlagen." Die Mitgliederbefragung zur "Ehe für alle", also zur kompletten Gleichstellung homo- und heterosexueller Partnerschaften, endete mit einem klaren konservativen Nein. Und das ausgerechnet in jener für alle Lebensstile so radikal offenen Metropole, an deren weltberühmter Liberalität die Union sehr gern einen gewichtigen Anteil hätte.
Der Tagesspiegel schreibt, dass die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel sich bestätigt fühle in ihrem vorsichtigen, aber wahrnehmbaren Ressentiment gegen die Ehe für alle. Merkel gebe sich sonst nicht wertkonservativ, doch Wertkonservative könnten sich bei ihr gut aufgehoben fühlen. "Der Berliner Landesvorsitzende und designierte Spitzenkandidat Frank Henkel, der zu der Angelegenheit so eisern wie vorsichtig geschwiegen hat, wird sich darin bestätigt fühlen, dass konservative Parteistrukturen mit Delegiertenprinzip und Parteitagsbeschlüssen immer noch die besten sind, besser als jede Mitgliederbefragung." Trösten dürfte ihn dem Blatt zufolge jedoch, dass der Ehe-Konservatismus seiner Partei sich in einigen Jahren in wohlgefälligen Liberalismus aufgelöst haben werde: Es seien vor allem die Mitglieder über 60 gewesen, die gegen die Ehe für alle stimmten.
Die Berliner Morgenpost fragt sich: Was bedeutet das Ergebnis für die Berliner CDU? "Glaubt man der SPD und den Oppositionsparteien, hat sich die Partei jetzt ins Aus katapultiert - schließlich ist Berlin die Hauptstadt der Schwulen und steht für Toleranz und Vielfalt." Ganz so schlimm sei es laut der Zeitung allerdings nicht, denn die CDU werde nun einmal von bürgerlichen, eher konservativen Menschen gewählt. "Unter wahltaktischen Gesichtspunkten ist es wohl wahrscheinlich, dass die CDU jetzt zwar keine neuen schwulen Wähler hinzugewonnen, dafür aber auch nicht eine Vielzahl ihrer Wähler verloren hat. Glaubt wirklich jemand, dass die Frage 'Bist du für oder gegen die Homo-Ehe?' für die Wahlentscheidung ausschlaggebend ist?" Die Berliner CDU habe eine Chance verpasst, sich als moderne Großstadtpartei zu profilieren. "Das ist schade, mehr aber auch nicht."
"Einem erklecklichen Teil in der Union ist der Beweis, immer noch konservativ zu sein, wichtiger als das glückliche Zusammenleben von Menschen", meint die Märkische Oderzeitung. Für nicht wenige gehöre nämlich die vollwertige Ehe zum Glück dazu, schreibt das Blatt. "Aber der Union sitzt unter anderem eine AfD im Nacken. Und manchem wackeren Christdemokraten geht die gesellschaftliche Entwicklung einfach zu schnell. Eben noch galt der Paragraph 175, und Homosexuelle wurden eingesperrt, schon bläst der Wind mit voller Kraft aus der Gleichberechtigungsrichtung."
Die Nürnberger Nachrichten schreiben: "Weil aber die Union wahrscheinlich auch über 2017 hinaus die Regierung anführt, dürfte es sehr spannend werden, ob sich in dieser Sache innerhalb der nächsten Legislaturperiode etwas tut." Mit einem Juniorpartner SPD habe die Gleichstellung schon bisher nicht geklappt. Bei den Grünen sei zu vermuten, dass sie dieses Thema zur Grundsatzfrage für eine Koalition machen würden.
Zusammengestellt von Lisa Schwesig
Quelle: ntv.de